Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

3.1.4. bedeutung der vereinbarung im papierhandel, daß die Waare "auf successive Abforderung zu liefern" ist. Beweis durch Sachverständige, Auskunft des Aeltestenkollegiums der Kaufmannschaft zu Berlin. § 259 der C.P.O., Art.278 des H.G.B.'s. § 711 des B.G.B.'s.

- Kauf, Vereinbarung „auf successive Absorderung zu liefern". 63
Bedeutung der Beremvarung im Papierhandcl, datz die Waare „auf
successive Absorderung zu liefern" ist. Beweis durch Sachverständige,
Auskunft des Aeltestenkollegiums der Kaufmannschaft zu Berlin. 8 259
der C.P.O., Art. 278 des H.G.B's. 8 711 des B.G.B.'s.
Urtheil des O.L.G.'s Dresden vom 28. Oktober 1895. 0. IV. 83/94.
lieber die beim Geschäftsabschlüsse vereinbarte Lieferzeit ist soviel unstreitig,
daß Klägerin, die Inhaberin einer Papierfabrik, von den dem Beklagten 35000 Bogen
Papier 10—12000, mindestens 10000 Bogen Ende Juni 1892, den Rest von
da an auf successive Abforderung zu-liefern hatte.
Dem Beklagten kann nicht zugegeben werden, daß schon mit dieser Abrede
die Klägerin die Verpflichtung übernommen habe, den auf Abforderung zu lie-
fernden Theil von Ende Juni an jederzeit fertig und zum Versandt auf Abruf
bereit zu halten. Für eine solche Auffassung hat sich zwar der in der Berufungs-
instanz zunächst gehörte Sachverständige Papierfabrikant F. ausgesprochen; ihr wider-
streiten aber die beiden anderen Gutachten. Der von der ersten Instanz zugc-
zogene Sachverständige Papierhändler K. findet den Ausdruck „zur successiven
Abforderung" nach der Verkehrsauffassung nicht bestimmt genug, um über die
Lieferzeit eine feste Norm im Sinn des Beklagten zugeben und die Befugniß des
Fabrikanten auszuschließen, nach Ablieferung einer Theilpost mit der Anfertigung
der 'nächsten erst auf deren Abruf hin zu beginnen. Hiermit deckt sich im Wesent-
lichen die Anschauung des Aeltesten-Kollegiums der Kaufmannschaft zu Berlin.
Danach ist der Ausdruck „zur successiven Abforderung" ohne Bestimmung irgend
einer Frist, innerhalb deren die Abforderung zu erfolgen hat> im Papierhandcl und
namentlich im Handel mit zum Bedrucken bestimmten Papieren kein allgemein
verkehrsüblicher und keinesfalls als mit der Vereinbarung auf jederzeitigen Ab-
ruf identisch anzusehen. Das Aeltesten-Kollegium beschränkt sich aber nicht auf
diesen allgemeinen Ausspruch, sondern kommt unter Würdigung der Einzelheiten
des Falls zu dem Schluffe, daß es nach der muthmaßlichen Absicht der Parteien
in das Belieben der Klägerin gestellt war, den vor Ende Juni zu liefernden Theil
jedesmal erst anzufertigen, wenn und insoweit er vom Beklagten abgefordert wurde.
Was der Beklagte gegen dieses Gutachten ausstellt, ist unbeachtlich. Das Aeltesten-
Kollegium der Kauftuannschaft zu Berlin hat die Eigenschaft einer Fachbehörde,
zu deren Dienstobliegenheiten die Begutachtung von kaufmännischen Fragen gehört
(zu vergl. Entscheidungen des vorm Reichsoberhandelsgerichts Band 16, S. 37).
Die Einholung von Gutachten solcher Fachbehörden wird von der C.P.O. keines-
wegs ausgeschlossen; die durch das schriftlich vorliegende Gutachten erwiesene
Thatsache, daß die um Auskunft ersuchte Fachbehörde der von ihr bekundeten An-
sicht ist, darf nach Z 259 C.P.O. für die Bildung der richterlichen Ueberzeugung
verwerthet werden (zu vergl. Wengler's Archiv 1890 S. 254 ff.). An der erforder-
lichen Sachkunde des Aeltesten-Kollegiums ist nicht zu zweifeln, da sich dasselbe

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