Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

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Kauf. Preisvereinbarung.

von der Klägerin durch arglistige Veranstaltungen zur Bewilligung der jetzt von
ihr als zu hoch bezeichneten Preise bewogen worden sei.
1.
Zunächst kann darin, daß die Klägerin ihre Maaren andern Kunden billiger
verkauft haben soll als der Beklagten, ein Betrug, welcher sie der Letzteren scha-
densersatzpflichtig machen würde, nicht erblickt werden. Kein Käufer hat im Mangel
einer besonderen — im gegenwärtigen Falle nicht behaupteten — Abmachung ein
Recht darauf, daß der Verkäufer ihm bei der Preisvereinbarung (denn um
diese, nicht um eine nachträgliche Preisberechnung bei unterbliebener Preisverein-
barung handelt es sich hier) keine höheren Preise abfordere als anderen Kunden.
Auch der Umstand, daß die Beklagte, wie sie behauptet, eine Hauptabnehmerin
der Klägerin gewesen ist, würde keine Rechtspflicht für die Letztere begründen, ihr
geringere oder doch keine höheren Preise abzufordern als anderen Abnehmern.
Die Klägerin hatte daher auch keine Verpflichtung, unaufgefordert die Beklagte
darüber aufzuklären, wie sich die von ihr verlangten Preise zu den Preisen ver-
hielten, die sie andern Kunden für dieselben Maaren berechnete. Die Absatzver-
hältnisse eines Kaufmanns und insbesondere die Preise, die er andern Abnehmern
zu berechnen pflegt, gehören nach der Anschauung, des Handelsverkehrs nicht zu
den Umständen, über die derjenige, der mit ihm in Kaufsverhandlungen eintritt,
eine von freien Stücken gegebene Aufklärung erwartet.
Der Antrag der Beklagten auf Vorlegung der Lagerbücher der Klägerin,
aus denen sich die ungünstigere Behandlung der Ersteren im Berhältniß zu an-
deren Kunden der Letzteren ergeben soll, ist daher unerheblich. Der Widerspruch
der Klägerin gegen diesen Antrag würde aber auch deshalb begründet sein, weil
diese Lagerbücher ihrer Bestimmung gemäß allerdings Geschäftsgeheimnisse der
Klägerin enthalten, deren Offenlegung die Beklagte nicht beanspruchen kann.
2.
Weiter hat die Beklagte ihren Gegenanspruch darauf gestützt, daß die von
ihr der Klägerin bezahlten Preise höher seien als die für die betreffenden Papier-
sorten in den durch den Druck verbreiteten Lager- und Preisverzeichnissen der
Klägerin augesetzten Preise.
Aus diesen Preislisten kann aber die Beklagte keinen Einwand gegen die
von ihr bezahlten Preise ableiten, denn sie hat nicht aus Grund der Preislisten,
sondern auf Grund besonderer Preisvereinbarung von der Klägerin gekauft. Darauf,
daß die Klägerin bei der Preisvereinbarung die in diesen Preislisten be-
rechneten Preise nicht überschritt, hatte die Beklagte kein Recht.
Die Preislisten enthielten, weil an das Publikum im Allgemeinen gerichtet,
keinen verbindlichen Antrag zum Kauf, sondern lediglich eine Gcschaftsempfehlung,
eine Aufforderung zum Stellen von Offerten,

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