Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

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Handelsfrau, Geschäftsbetrieb durch den Ehemann.
ankommt. Wer von den beiden Eheleuten bestellt hat, ist daher ebenso unerheb-
lich, wie die Frage, mit welchem von Beiden der Kläger zu verhandeln glaubte;
hat der Kläger, von dem vermuthet werden könnte, daß er in der That der Be-
klagten zu liefern beabsichtigte (denn er hatte sich nach dem Inhaber des Ge-
schäftes erkundigt und erfahren, daß es die Beklagte sei), gleichwohl das für den
Käufer bestimmte Beibuch, Lieferscheine, Rechnungen und Mahnungen u. s. w.
auf den Namen des Ehemannes gestellt und sich bisweilen so ausgesprochen, als
ob er den letzteren als Inhaber des Geschäftes ansehe, so erscheint dies un-
günstigstenfalls als Wirkung einer für das Rechtsgeschäft selbst bedeutungslosen
Unsicherheit über die Jnhaberschaft des Geschäfts, bildet aber kein Anzeichen dafür,
daß der Kläger schlechterdings nur den Ehemann der Beklagten und keine andere
Person als seinen Abkäufer habe betrachtet wissen wollen.
Bon Erheblichkeit würde es dagegen sein, wenn dem Kläger von Anfang
an ausdrücklich erklärt worden wäre, daß die Bestellungen nicht für die Beklagte
und deren Produktengeschäft, sondern ausschließlich für Rechnung des Ehemannes
gelten sollten, da dieser den Handel im Umherfahren nicht für das Ladengeschäft
seiner Ehefrau, sondern auf eigene Rechnung betreibe und nur für diesen die vom
Kläger zu liefernden Maaren bestimmt seien. Denn dann würde die Bestellung
des Ehemannes für sich in einen solchen Gegensatz zur Bestellung seiner Ehefrau,
zu der Lieferung an diese gestellt worden sein, daß die Eigenschaft des Ehemannes
als Mitcontrahenten des Klägers für die erste wie alle folgenden Lieferungen,
wenn nicht bei letzteren unzweideutig etwas Anderes vereinbart wurde, außer
Zweifel gestellt worden wäre. Die hierauf gerichtete Behauptung der Beklagten
stellt sich unter den vorliegenden Umständen, welche an und für sich die Beklagte
als die Mitcontrahentin des Klägers erscheinen lassen, als ein selbständiges Ber-
theidignngsmittel der Beklagten dar, über welches der von der letzteren ange-
tragene, vom Kläger angenommene Schiedseid diesem nach § 426 Abs. 2 der
C.P.O. durch Beweisbeschluß auferlegt werden konnte. Nachdem Kläger diesen
Eid geleistet hat, steht daö Gegentheil der zu beschwörenden Thatsache fest.
WaS aber die Erfüllung der hiernach durchweg zwischen den Parteien ab-
geschlossenen Lieferungsverträge anlangt, so braucht nicht festgestellt zu werden,
daß die Waaren, deren Lieferung unbestritten erfolgt ist und auf deren Bezahlung
sich gegenwärtig der Klaganspruch beschränkt, sämmtlich der Beklagten persönlich
übergeben worden sind. Denn, wie der Kläger als ihr Geschäftsführer zu deren
Bestellung, so war er auch zu deren Empfangnahme an Stelle der Beklagten er-
mächtigt.^)
*) Dieselben Grundsätze wurden ausgesprochen in den Entscheidungen vom LS. Sep-
tember 1894 (0. IV. 116/93) und vom ö. März 1897 (0. IV. 4/97). In der ersten Sache
hatte die, auf Bezahlung von Brod und Mühlenprodukten verklagte Ehefrau den Betrieb
eines Produktengeschäfts, ihr Ehemann den eines Agentur- und Kommissionsgeschäfts an-
gemeldet. Jii der zweiten Sache hatte der Ehemann der Beklagten, die auf Bezahlung des

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