Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

354 Tränkner, Die Form der Rechtsgeschäfte
Erblasser aber über das in amtliche Verwahrung genommene Testament ein Hin-
terlegungsschein ertheilt werden soll,
vergl. auch S.G.B. 8 2096. Sachs. Ges. vom 26. Februar 1870.
Zu II., das eigenhändige (privatschristliche, holographe) Testament, Privat-
testament Z 2231 Ziff. 2.
1. Zur Gültigkeit eines solchen genügt eine von dem Erblasser unter An-
gabe des Ortes und TageS eigenhändig ge- und unterschriebene Erklärung.
Diese wenigen Erfordernisse müssen aber Zusammentreffen, wenn das privatschrift-
liche Testament gültig sein soll. Hat also der Erblaffer entweder die Erklärung
nicht eigenhändig geschrieben oder sie nicht eigenhändig unterschrieben oder sie
nicht mit Angabe deS Ortes und TageS versehen, so ist das Testament in alle
Wege ungültig. Unter der Angabe des Ortes und TageS, die natürlich ebenfalls
eigenhändig bewirkt sein muß, kann nichts Anderes als die Angabe von Ort und
Tag der Ausstellung des Schriftstückes, d. h. des Ortes und Tages, wo und
wann die unterschriftliche Vollziehung erfolgt ist, verstanden werden. Sind also
Niederschrift und unterschriftliche Vollziehung an verschiedenen Orten und zu ver-
schiedenen Zeiten bewirkt werden, so wird Ort und Tag der unterschristlichen Voll-
ziehung anzugeben sein. Die unter der Erklärung befindliche Angabe von Ort
und Tag schließt natürlich nicht den Beweis der Unrichtigkeit der Angabe aus.
Wird durch diesen Beweis zugleich dargethan, daß das privatschriftliche Testament
an anderen Mängeln leide, daß z. B. der Erblasser zur Zeit der Ausstellung
noch nicht das zur Errichtung eines derartigen Testaments erforderliche Alter
(§ 2247) gehabt habe, so ist die letztwillige Verfügung aus diesem Grunde
ungültig. Abgesehen hiervon ist der Ansicht beizutreten, daß blose Ungenauigkeiten
und selbst Unrichtigkeiten in der Orts- und Tagesangabe für sich allein und ab-
gesehen von anderen Mängeln das Testament noch nicht ohne Weiteres ungültig
machen (vergl. auch Strohal, das deutsche Erbrecht rc. S. 19, Note 3). Das
Gesetz verlangt in diesem Punkte nicht mehr als eigenhändige Angabe des OrteS
und TageS. Hiermit äst diese Formvorschrift erfüllt.
2. ) Hinsichtlich der Sprache und der Schrift des holographen Testaments
ist nichts besonderes vorgeschrieben. ES muß daher angenommen werden, daß der
Erblasser hier freie Wahl hat. Auch Zeichenschrift ist nicht ausdrücklich ausge-
schlossen, wie dies z. B. in § 2104 letzter Satz vbd. tz 2096 Satz 2 des S.G.B.
geschehen ist. Ob jedoch die Verwendung der Zeichenschrift in jedem einzelnen
Falle für genügend zu betrachten sei, wird deshalb noch nicht unbedingt zu be-
jahen, sondern jedesmal nach Lage der Sache besonders zu prüfen sein (vergl. auch
Strohal S. 22). ES wird hierbei namentlich auf die Art und Verständlichkeit
der gewählten Schrift Rücksicht zu nehmen sein (Stenographie).
3. ) Wer minderjährig ist oder Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann
ein privatschriftliches Testament nicht errichten (Z 2247). Er ist, abgesehen von
den außerordentlichen Testamentsformen der 88 2249 bis 2257, auf die gericht-

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