Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 7 (1897))

3.1.25. Recht des Rechtsanwalts zur Verweigerung des Zeugnisses.

112 Zeugnißverweigerung, Rechtsanwalt.
Recht des Rechtsanwalts zur Verweigerung des Zeugnisses.
(Beschluß des dritten Civils. des K. S. O.L.G.'s vom 25. Januar 1895. HL C. 17/95.)
Die Verweigerung des Zeugnisses Seitens des Rechtsanwalts L. wurde
in Uebereinstimmung mit der ersten Instanz für unerheblich erklärt.
. Der Zeuge, welcher das Zeugniß verweigert, hat nach § 351 Abs. 1 der
C.P.O. die Thatsachen, auf welche er seine Weigerung gründet, anzugeben und
glaubhaft zu machen. Der Beschwerdeführer, welcher von beiden Theilen als
Zeuge benannt worden ist, stützt aber seine Zeugnißverweigerung gegenwärtig,
nachdem ihn der Kläger, welchem er in dem von diesem gegen dessen Tochter, die
verehel. B., geführten Borprozesse als Sachwalter bedient gewesen ist, von der
Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden hat, nur noch auf die Behauptung,
daß, wenn die Thatsache, für welche er als Zeuge benannt worden sei, wahr wäre,
ihm solche in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt doch nur bei einer Berat.hung
anvertraut worden sein könnte, da nicht behauptet worden sei, daß er die angeb-
liche Kenntniß etwa auf andere Weise als Privatperson erlangt hätte. Er folgert
hieraus, daß er auch der genannten Tochter Klägers gegenüber nach gesetzlicher
Vorschrift zur Verschwiegenheit verpflichtet sein würde, und gründet schließlich seine
fortgesetzte Weigerung zur Ablegung des von ihm erforderten Zeugnisses darauf,
daß die verehel. B. eine Erklärung, daß sie ihn ebenfalls von der Verpflichtung
zur Verschwiegenheit entbinde, noch nicht abgegeben habe. Allein, ganz abgesehen
davon, daß die verehel. B., wie dem Beschwerdeführer bereits mitgetheilt worden
ist, inzwischen in beweisender Form zu den Akten erklärt hat, daß sie denselben in
Ansehung alles dessen, was sie ihm im Laufe des Prozesses, den.er im Jahre
1892 für ihren Vater gegen sie geführt hat, mitgetheilt habe, ausdrücklich von
der ihm als Anwalt obliegenden Pflicht zur Verschwiegenheit entbinde, übersieht
auch der Beschwerdeführer, daß von der Beklagten gar nicht behauptet worden ist,
er habe, was nach Lage der Sache allein die Voraussetzung seiner Verpflichtung
zur Verschwiegenheit bilden würde (§ 348 Ziff. 5 der C.P.O.) , in seiner Eigen-
schaft als Rechtsanwalt von der von ihr behaupteten Thatsache, welche er be-
zeugen soll, Kenntniß erlangt, und daß der Kläger ihn ja nur für die Unwahr-
heit dieser Thatsache als Zeugen benannt hat. Der Beschwerdeführer irrt in der
Annahme, daß, wenn ein Sachwalter als Zeuge benannt werde, bis zum Beweise
des Gegentheils die Bermuthung dafür spreche, derselbe könne, falls die Thatsache,
welche er bezeugen soll, wahr wäre, nur in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt
Kenntniß davon erlangt haben. Vielmehr ist, wenn sich dies nicht aus der strei-
tigen Thatsache, was hier zweifellos nicht der Fall ist, von selbst ergiebt, von dem
betreffenden Sachwalter, falls er sein Zeugniß verweigern will, der oben ange-
zogenen Vorschrift in § 351 der C.P.O. Genüge zu leisten. Sache des Be-
schwerdeführers wäre es daher im vorliegenden Falle gewesen, sich zur Recht-
fertigung seiner Zeugnißverweigerung darauf zu beziehen, daß er, sei es dem

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