Zeugnrßberweigerung. VerlagsbuchhLndler.
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Schriftsteller würden, wenn sie aus irgend einem Grunde ein Werk anonym zu
veröffentlichen beabsichtigen, mit Recht Bedenken tragen, mit einem als nicht ver-
schwiegen bekannten Verleger in Verbindung zu treten. Es handelt sich demnach
bei einem derartigen, zwischen dem Schriftsteller und dem Verleger abgeschlossenen
Vertrage um eine dem letzteren kraft seines Gewerbes anvertraute Thatsache,
deren Geheimhaltung durch die Natur derselben geboten ist. Das Interesse,
welches der Autor an der Geheimhaltung seines Namens hat, ist in der Gesetz-
gebung ausdrücklich als ein berechtigtes anerkannt; in dieser Beziehung braucht
nur auf die Bestimmung in § 28 Satz 3 des bereits angezogenen Gesetzes vom
11. Juni 1870 verwiesen zu werden, deren Zweck gerade darin besteht, Vorsorge
dafür zu treffen, daß der Autor und seine Rechtsnachfolger ihre Rechte wahr-
nehmen können, ohne genöthigt zu werden, aus der Anonymität herauszutrcten.
Wenn der Verleger, falls er auf Grund des angezogenen § 28 die dem Urheber
zustehenden Rechte im Klagewege geltend macht, den Namen des letzteren nicht zu
nennen braucht, so steht es hiermit nur im Einklänge, daß er auch in einem
Civilprozesse nicht als Zeuge den Namen des Autors, dem er Verschwiegenheit
angclobt, anzugeben hat.
Der Beklagten ist zwar zuzugeben, daß eine bloß vertragsmäßg über-
nommene Verpflichtung zur Verschwiegenheit einen Zeugen nicht berechtigt, auf
Grund von tz 348* der C.P.O. das Zeugniß zu verweigern. (Bergl. Struck-
mann-Koch, C.P.O., S. 409 der 5. Aufl.; Sarwey, C.P.O., S. 511;
Köhler in der kritischen Vierteljahrsschrift, Bd. 22 S. 483 flg.)
Im gegenwärtigen Falle handelt eS sich indessen um eine vertragsmäßige
Zusage, welche in den betheiligten Verkehrskreisen allgemein üblich und gebräuch-
lich ist; der Zeuge kann dann die Aussage verweigern, wenn er durch die Erstat-
tung seiner Aussage die ihm berufsmäßig obliegende Pflicht der Verschwiegenheit
verletzten würde; es ist der nämliche Grund ausschlaggebend, aus welchem auch
Angehörige anderer Berufskreise wie Aerzte, Anwälte, Apotheker, Handelsmäkler
u. A., zur Verweigerung des Zeugnisses befugt sind. (Vergl. v. Canstein, Lehr-
buch des österreichischen CivilprozeßrechtS, I S. 487 der 2. Aufl.)— Wenn die
Beklagte noch geltend macht, es könne ein Vertrag, durch welchen sich eine Partei
zur Geheimhaltung deö Namens des anderen Kontrahenten verpflichte, arglistiger
. Weise zur Vereitelung der Führung des Zeugenbeweises geschlossen werden, so ist ihr
entgegenzuhalten, daß diese thatsächliche Voraussetzung im gegenwärtigen Falle nicht
zutrifft; es ist nicht der geringste Anhalt dafür vorhanden und ist auch von der
Beklagten nicht einmal behauptet worden, daß der Kläger und der Zeuge aus
unlauteren Motiven, etwa um einem Dritten Schaden zuzufügen, die Geheim-
haltung der Namen der Mitarbeiter verabredet hätten; die Vereinbarung stellt sich
vielmehr als durchaus unverdächtig und zulässig dar.