Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 11 (1847))

Ueber Gewissensfreiheit.
Religionsverhältnisse sich im Laufe der Zeit gestaltet haben, und sie
geben uns einen gewissen Anhalt für die Bestimmung mancher
rechtlicher, anderweitig nicht legal festgesetzter Begriffe.
Denjenigen Religionsgesellschaften nun, welche auf bloßen
Privatgottesdienst beschränkt sind, ist die Anstellung gottesdienstlicher
Zusammenkünfte in gewissen dazu bestimmten Gebäuden, und die
Ausübung der, ihren Religionsgrundsätzen gemäßen Gebräuche,
sowohl in diesen Zusammenkünften, als in den Privatwohnungen
der Mitglieder gestattet^). Doch ist ihnen, wie das Preußische
Landrecht (§. 25) hinzusetzt, nicht erlaubt, öffentliche Feierlichkeiten
außerhalb des Versammlungshauses anzustellen. Von einer Nöthi-
gung, den Gottesdienst bei verschlossenen Thüren zu halten, keine
andere als Gemeindeglieder zuzulassen u. dgl. mehr — welche
Beschränkungen man früher aus dem Begriff des Privatgottesdien-
stes hat ableiten wollen, ist in jenen Gesetzen keine Rede mehr.
Doch ist dergleichen wohl in neuerer Zeit wieder bei Bestimmung
der Rechtsverhältnisse der Christkatholiken in manchen Ländern.zum
Vorschein gekommen. Zn England besteht gerade die entgegenge»
setzte Vorschrift, daß alle Dissenters ihren Gottesdienst bei offenen
Thüren halten müssen, und Jedem, der sich sittsam beträgt, freiste-
hen muß, hineinzukommen; auf die Störung des Gottesdienstes ist
dabei eine Strafe von 20 Pf. Sterl. gesetzt94). — Ein Haupt-
merkmal des Prioatgotlesdienstes ist ferner, daß der Gebrauch der
Glocken dabei nicht gestattet ist^); nach dem Bairischen Edict dür-
fen aber Religionsgesellschaften, denen nur das Recht des Privat-
gottesdienstcs zusteht, sich überhaupt aller der Auszeichnungen nicht
bedienen, welche Gesetz oder Gewohnheit öffentlichen Kirchen an-
geeignet haben. Es werden die zur Ausübung des Gottesdienstes
gewidmeten Gebäude rechtlich nur als Privathäuser angesehen, und
genießen also nicht des besondern Schutzes und der Vorrechte der

Edict die kirchliche Staatsverfassung betreffend, v. 11. Mai 1807»
auch in Kampy Jahrbücher Bd. 50. S 361 ff. abgedruckt.
93) Preuß. Landrecht I., 11. §. 23. Baier. Edict §. 34.
94) So berichtet Wendeborn: Zustand des Staats, der Religion
u. s. w. in Großbrittanien. (Berl. 1785) Bd. 3. S. 195.
95) Preuß. Landrecht a. a. O. 8. 25. Baier. Edict §, 35.

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