Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 11 (1847))

Ueber Gewissensfreiheit. 203
Rechtfertigungsgrund finden kann, trägt die polizeiliche Einmischung,
die Angeberei und den Verrats» bis in das Heiligthum des Hauses.
Wohin die Maßregeln zur Aufrechthaltung solcher Bestimmungen
führen können, läßt sich gar nicht vorher bestimmen.
Aber auch der Privatgottesdienst, wo er nicht mit dem Rechte
verbunden ist, einen eigenen Prediger zu haben, oder durch Geist-
liche der Confession die Handlungen, denen ein religiöser Charakter
beiwohnt, vollziehen, ihnen die kirchliche Weihe geben zu lassen,
gewährt nur eine höchst verkümmerte Befriedigung des religiösen
Bedürfnisses, und wird zum Religionözwang im eigentlichsten Sinne
des Wortes, wenn damit die Röthigung verbunden ist, diese Hand-
lungen von dem Geistlichen einer fremden Confession vornehmen zu
lassen. Sonderbarer Weise hat sich Richter^) dahin ausgespro-
chen, daß den Deutschkatholiken zwar nicht verwehrt werden dürfe,
die Taufen durch ihre Prediger verrichten zu lassen, weil, wie er
sagt, die Taufe, der erste Act christlicher Liebe, durch den Zwang
offenbar ihrer eigentlichen Bedeutung entkleidet werden würde, daß
aber die Einsegnung der Ehen durch jene Prediger nicht ftattfinden
dürfe. Bei der Taufe soll mithin jeder Zwang ferngehalten wer-
den; aber den Bund, welchen erwachsene, der Bedeutung des
Schrittes, welchen sie thun, bewußte Mitglieder der Gemeinde, als
eine von Gott selbst gesetzte Einigung für das ganze Leben schließen,
(denn so wenig sich auch noch die innere Entwicklung des Christ-
katholicismus, wie seine äußeren Schicksale bestimmen lassen, so
liegt doch nichts vor, was irgend dazu berechtigte, den Deutschka-
tholiken als solchen dieses christliche Bewußtsein der Ehe abzuspre-
chen) sollen sie nicht von dem erwählten Lehrer der Gemeinde,
aus dessen Munde sie Gotteswort zu vernehmen gewohnt sind,
weihen lassen dürfen, sondern dieses soll von einem fremden Geist-
lichen geschehen müssen, der vielleicht in seinen religiösen Ansichten
mit dem Verfasser übereinstimmend, aber weniger duldsam und be-
sonnen, die Deutschkatholiken und das vor ihm stehende Brautpaar
für Richtchristen hält, welche man zurücktreiben müßte unter die histo-
risch-berechtigte Herrschaft des Papstes, wenn sie sich nicht etwa
den lutherischen Bekenntnißschriften unterwerfen wollten? Weiche
Weihe würde eine so vollzogene Ehe haben? Mit welchen Gefühlen

83) Der Staat und die Deutschkatholiken, ©. 37.

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