Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 11 (1847))

190

Wi ld a:

theidiger finden. Auch die Beschränkung der bürgerlichen Rechte
um des Glaubens willen wird wohl nicht häufiger gebilligt und ge-
rechtfertigt werden. Anders verhält es sich aber mit der Entzie-
hung der politischen Rechte. Da diese Entziehung aber ihr ursprüng-
lich historisches Fundament verloren hat, indem sie der Zeit ent-
stammt, als Jeder, der nicht zur alleinseligmachenden Kirche gehörte,
aller Gemeinschaft mit Christen unwürdig erachtet wurde, so hat
man der Kirche, welche neben dem Himmel auch die Erde aus-
schließlich in Anspruch nahm, den christlichen Staat unterstellt.
Unter den Schriftstellern, welche hierher gehören, wollen wir uns
zunächst an Stahl63) halten, der sicher einer der beachteus-
werthesten, unserem Studienkreise zugleich am nächsten liegt. Wir
müssen uns jedoch auf einige mehr aphoristische Erinnerungen und
Bemerkungen beschränken, da eine ausführliche Erörterung der hier
in Betracht kommenden Fragen uns über die gesetzten Grenzen weit
hinausführen würde. In England sind ähnliche Ansichten insbeson-
dere von Gladstone ausführlich verthcidigt worden^). So wie
aber unser edler Neander schon früher gesagt hat: „das Christen-
thum hätte nie Staatsreligion werden sollen," und der Gewissens-
freiheit insbesondere im zweiten Band seiner Kirchengeschichte wie-
derholt und eindringlich das Wort geredet hat, so ist dieses in
neuerer Zeit auch noch vielfach von Männern geschehen, welche da-
bei weit mehr von einem religiösen, kirchlich-christlichen, als von
einem politischen und staatlichen Interesse geleitet wurden, welchen
die Allen zu gewährende vollkommene Gewissens- oder Religions-
freiheit nicht nur als eine Forderung des Christenthums, sondern
zugleich als Vorbedingung erschien zur Wiedererweckung und Stär-

daß die Zurückgebliebenen auf die heftigste, in neuerer Zeit der
Christenheit unerhörte Weise mißhandelt würden. Jetzt, da in
einer abermals neuen Zeit der Christenheit es als Grundsatz gilt,
daß Niemand um seines Glaubens wegen aus dem Lande vertrie-
ben werden soll, wo die Ausübung eines solchen Rechtes, dem
46. Art. der B.-A. gegenüber, als Hohn erscheinen muß, und min-
destens zur sittlichen Unmöglichkeit geworden sein sollte — jetzt
wird man historisch !
63) Stah l's Rechtsphilosophie Bd. 2. Th. 2. S. 275 (Erste Ausg.).
64) W. E. Gladstone, der Staat in seinem Verhältnis zur Kirche.
Halle, 1843.

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer