Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 11 (1847))

Ueber Gewissensfreiheit.

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des Glaubenszwanges zu mildern. Dahin gehören die erwachenden
national-öconomischenBestrebungen und der dadurch erweckte Wunsch,
fleißige und gewerbsame Einwohner ins Land zu ziehen; insbeson-
dere aber der Erwerb von Ländereien, in denen ein anderes Glau-
bensbekenntniß herrschend war. Es kam dieses auch denen zu Gute,
welche nicht einer der im Reiche geduldeten Glaubensparteien an-
gehörten, indem eigentliche Verfolgungen solcher s. g. Sectirer, welche,
des reichsgesetzlichen Verbotes ungeachtet, niemals ganz unterdrückt
worden waren, gänzlich aufgehört hatten und ihnen nun offener in man-
chen Ländern Aufnahme gewährt und Religionsübung gestattet wurde,
so daß sich allmählig ein Reichsherkommen bildete, wornach die Dul-
dung solcher Secten nicht mehr als verboten erachtet wurde45). Auch
die Behandlung der Juden, deren Geschick durch die Reformation
nicht eben verbessert worden war, wurde milder 4°). Der erwachende
Geist der Zeit sprach sich besonders in dem Toleranz-Edict Joseph's H.
vom 22. Juni 1781 aus. Jeder sollte nach demselben seine reli-
giösen Ueberzeugungen öffentlich und frei bekennen dürfen, und wie
dieß Bekenntniß auch sei, sollten deshalb seine bürgerlichen Rechte
keinen Abbruch leiden. Wo eine gewisse Zahl von Glaubensgenoffen,
die von der herrschenden Kirche abwichen, an einem Ort versammelt
wären, sollte ihnen Privatgottesdienst, dessen Kosten sie selbst aufbrin-
gen müßten, ohne alle Hinderung gestattet sein. Es war dieses
Edict aber nur ein Wetterleuchten der Zukunft, welche aber für
Oestreich, ja selbst für Deutschland, noch nicht angebrochen ist. Es
zeigte sich hier besonders, mit welchen Hindernissen der Geist der

45) Es geht dieß besonders daraus hervor, daß die Kammergerichts-
Visitation am 15. Oct. 1768 den Beschluß faßte: „ES wäre an
kais. Majestät und das Reich ein Visitations-Gutachten dahin zu
erstatten, daß wann bei dem Reichskammergericht Menoniten Recht
nehmen oder suchen, derenselben Angelobung bei Mannenwahrheit
als ein Eid anzunehmen sei. Nach (von Balemann's) Visitations-
Schlüsse S. 86 und 468 mitgetheilt itt Häberlin's Staatsrecht
Bd. 1. S. 171.
46) Luther selbst hatte noch verlangt, daß die Juden aus dem Lande
gejagt werden sollten. „Es were nicht wunder, daß uns Christen,
So solche Gottes verfluchte offenbarliche Lesterer bei uns. leiden,
lenzest Gottes zorn, mit hektischem Feuer, in Abgrund der Hellen
mit den Juden versenkt hette". (Th. 8 Werke. Je«. Ausg. kpl. 118).

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