Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 11 (1847))

Ueber Gewissensfreiheit.

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zum Princip erhoben werden sollen. Es ergibt sich dieß schon dar-
aus, daß alle s. g. Secten, also alle, welche nicht entweder Katho-
liken waren, oder den Augsburgischen Confessionsverwandten bei-
gezählt wurden, ausdrücklich von dem Religionsfrieden ausgeschlossen
worden sind^), und man es sich gegenseitig zur Pflicht machte, keine
solche Secten zu dulden^). Die Gesetze gegen die Ketzer blieben
also gegen alle, mit Ausnahme der Augsburgischen Confessionsver-
wandten, Ln voller Kraft, wenn gleich um der letzter» willen der,
von der Bestrafung derselben handelnde Artikel (130) der Bam-
bergensis in die Carolina nicht mit ausgenommen worden war. Und
bekanntlich war es lange zweifelhaft geblieben, ob die Reformirten
den Ketzern beigezählt, oder den Augsburgischen Glaubensverwand-
ten gleichgesetzt und rechtlich zugerechnet werden sollten.
Aber auch nicht in dem Sinn ist der westphälische Frieden auf-
Zufassen, daß zwei christliche Religionsparteien ihre Lehrmeinungen
als eigenthümliche Auffassung des Christenthums anerkannt, und sich
daher eine innere Berechtigung zugestanden hätten. Als man nach
blutigen Kämpfen darauf verzichten mußte, die Reformation rück-

35) Religionsfrieden v. 1555 §. 17. „Doch sotten alle andern, so bee-
den Religionen nicht anhängig, in diesem Frieden nicht gemeint,
sondern gänzlich ausgeschlossen sein."
36) Reichs.-Absch. v. 1566 §. 5. Uns verglichen, daß solcher
Secten und irriger Opinionen, so wie gemeldt sich von beiden,
der alten Religion und Augsburgischen Confesfion absondern,
oder denselben zuwider sein, vermög des Religionsfriedens keines-
weges gelitten noch geduldt, sondern allenthalben der Gebühr und
dem Religionsfrieden gemäß gänzlich abgeschafft werden." Inst.
P. O. VH. 2. „Sed praeter religiones nominatas nulla alia in sacro
imperio Romano recipiatur vel toleratur.“ — Es ist entschieden
irrig, wenn selbst ausgezeichnete Juristen, wie z. B. 7. H.Boeh-
mer J. eccl. prot. lib. V. t. 7 §• 192. G. L. Boebmer, princi-
cipia juris can. §. 47. not. c. Pütter, hist. Entwicklung d.
teutschen Staatsverf. (Bd. 2. S. 81.) diese letzte Bestimmung
dahin haben erklären und beschränken wollen, daß jenen Secten
nur das Reichsbürgerrecht und die Gleichstellung mit den öffent-
lich aufgenommenen Religionsparteien habe entzogen werden sol-
len. Dieß hat schon nachgewiesen I. I. Moser in feinen Ab-
handlungen aus dem teutschen Kirchenrecht (1772) S. 76 ff. und
teutsche Religionsverfaffung (1774) S. 24.
Zeitschrift f. deutsches Recht. »>. Bd. ». H.

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