Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 5 (1895))

25. Literatur

25.1. Von Petrazycki, die Lehre vom Einkommen, 1. u. 2. Band

828

Literatur.

Meratur.
Nesprechungen.
Die Lehre vom Einkommen» Vom Standpunkte des gemeinen Civilrechts unter Be-
rücksichtigung des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich.
Von Leo von Petrazycki. IL Bd. Einkommensersatz. Berlin 1695. Verlag von
H. W. Müller. 12 Mk. 50 Pf. (vergl. dieses Archiv Bd. 5 S. 591 flg.)
Der zweite Band, dessen letzter Theil noch aussteht, behandelt den Einkommensersatz.
Abweichend von der herrschenden Lehre, welche den Fruchtersatz an die Besonderheiten der
einzelnen Rechtsverhältnisse anknüpst, sucht ihn der Verfasser auf allgemein? Regeln zurück-
zuführen. Dazu dient ihm vor Allein eine Gliederung des Stoffes nach den Verschiedenheiten
des Einkommens selbst. Dieses ist vom Standpunkte des Einkommensersatzes entweder ge-
wonnenes oder nicht gewonnenes Einkommen (tructue percepti — percipiendi) und letzteres
wieder zerfällt in versäumtes, entzogenes, fingirtes und geopfertes Einkommen. Das ver-
säumte Einkommen ist die vom Schuldner durch gänzliche Unterlassung oder fehlerhafte Durch-
führung der Einkommensgewinnung verschuldete Mindereinnahme. Entzogen ist dasjenige
Einkommen, welches der Gläubiger bei rechtzeitiger Rückgabe des Kapitales hätte erzielen
können (Verzugs-Jnteressenfrüchte). Das fingirte Einkommen bezeichnet den Miethwerth eines
vermiethbaren, aber vom Schuldner für sich selbst benutzten Kapitales. Verwendet ist das-
jenige Einkommen, welches der sein Kapital in fremdem Interesse Verwendende von diesem
Kapital gewonnen haben würde.
Die Ersatzpflicht nun beruht nach ihrem allgemeinen Grundgedanken auf dem Grund-
satz der herrschenden Gütervertheilung: „dem Eigner des Kapitales gebührt das Einkommen
von seinem Kapital;" sie gestaltet sich ferner zwar im Einzelnen verschieden, je nachdem eine
rechtmäßige Verwaltung oder nur ein grundloses oder rechtsverletzendes Haben fremden Ka-
pitales vorliegt und sie wird durch den Eintritt des Verzugs noch besonders beeinflußt, je-
doch finden diese Verschiedenheiten weniger in der besonderen Natur der betreffenden Rechts-
verhältnisse, als vielmehr in der eigenartigen Stellung und Aufgabe des bürgerlichen Rechts,
in der socialen Ordnung überhaupt und in dem danach sich bestimmenden Wesen des Ein-
kommensersatzes insbesondere ihre Erklärung. Nach der Meinung des Verfassers handelt
es sich nämlich bei der Regelung der privatrechtlichen Beziehungen nicht um die Erfüllung
eines bloßen Gerechtigkeitsbegriffes oder gar eines instinktmäßigen Billigkeitsgefühles, sondern
um die bewußte organisatorische, die Triebfedern des menschlichen Handelns und das ethische
und volkswirthschastliche Ideal erfassende Leitung der Gütererzeugung und Gütervertheilung,
welche durch eine geeignete Motivationspolitik die menschliche Thätigkeit mit den Anforderungen
einer fortschreitenden Entwicklung im Sinne der Veredlung des Menschengeschlechts in Ein-
klang zu bringen weiß, und diese civilpolitische Mission des Privatrechts ist, wie überall, so
auch für die Lehre vom Einkommensersatz entscheidend. Danach ist insbesondere für die
Fälle der rechtmäßigen Verwaltung fremden Vermögens die Erstattung des ganzen lucrum
ex alieno zu dem Zweck zu fordern, damit diese Institute ihre für den Volkswohlstand nütz-
lichen Funktionen richtig erfüllen und die Verwalter nicht verderben, während es sich für die
Fälle des grundlosen oder rechtswidrigen Habens fremden Kapitales um eine möglichste Ver-
hinderung dieser Erscheinungen, für den Ersatz verwendeten Einkommens aber um die För-
derung derartiger Verwendungen im fremden Interesse handelt. Die von den römischen
Juristen vermöge ihres praktischen Instinktes auf diesem Gebiete getroffenen Entscheidungen
. dienen dem Verfaffer zur weiteren Bestätigung dieser zunächst deduktiv entwickelten Ideen

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