Neuer Methvertrag' oder Fortsetzung eines abgeänderten Beitrags? . 56f
halbjährige Kündigung vorgesehen war. Wurde bei dieser Sachlage am 30. März
1894 die Fortsetzung des früheren Vertrags angeboten und.angenommen, er-
klärten sich weiter die Betheiligten noch besonders darüber einverstanden, daß der
Vertrag an eine bestimmte Dauer nicht gebunden sein, sondern jedem Theile
das „übliche Recht zur Aufkündigung" — worunter nur die in § 1215 B.G.B.
geregelte halbjährige Kündigung gemeint sein kann — zustehen solle, so läßt sich
dies nicht anders auffassen, als daß die Wirkung der vom Kläger ausgesprochenen
Kündigung beseitigt und das Miethverhältniß, wenn schon unter entsprechender
Zinserhöhung, im übrigen aber durchaus nach den Bestimmungen des früheren
Vertrags fortgesetzt werden solle. Der Fall liegt somit wesentlich anders, als die
in Wengler's Archiv Bd. I S. 515 flg., bezw. in den Annalen des Ober-
landesgerichts Bd. 10 S. 92 flg. behandelten Fälle. Dadurch aber, daß die
Kündigung in beiderseitigem Einverständnisse rückgängig gemacht wurde, erlangte
auch die erwähnte Bestimmung in 8 4 des Vertrags von 1891 ihre frühere Be-
deutung, es konnte daher nunmehr beiderseits der Vertrag durch Kündigung mit
halbjähriger, am 31. März oder 30. September endigender Frist zum Erlöschen
gebracht werden und war insbesondere der Geklagte nicht behindert, bereits vor
dem 1. Oktober 1894 das Miethverhältniß für den 31. März 1895 rechtswirk-
sam zu kündigen.
Eine andere Auslegung der im Protokoll vom 30. März 1894 beurkundeten
Vereinbarung würde zwar nicht von vornherein zu verwerfen sein, wenn die vom
Kläger in Bezug genommenen Vorverhandlungen klar erkennen ließen, daß die
beiderseitige Absicht auf Abschluß eines völlig neuen, am 1. Oktober 1894. be-
ginnenden Vertrags gerichtet gewesen sei. Allein die Behauptungen unter 1 und
2 der Berufungsbegründung enthalten nur eine Darstellung des Herganges bei
der Kündigung mit Angabe des Grundes, der den Kläger dazu bewog, nämlich
die Hoffnung auf Erzielung eines höheren Miethzinses. Weiter soll der Vertreter
des Beklagten gelegentlich der in den Miethräumen stattgehabten Besprechung
nicht auf den Vorschlag des Klägers, einen Vertrag auf 6 Jahre unter Erhöhung
des Miethzinses abzuschließen, eingegangen sein, sondern-demselben erwidert haben:
„Sie haben uns den Miethvertrag aufgekündigt, so daß derselbe mit dem
30. September 1894 vollendet ist. Wenn etwas Neues zu vereinbaren ist, werde
ich Ihnen Bescheid geben." Auch hieraus folgt noch nicht mit Nothwendigkeit,
daß bei der eventuell in Aussicht gestellten neuen Vereinbarung die Absicht der
Parteien auf Abschluß eines durchaus neuen Vertrags gerichtet gewesen sein müsse.
Im Gegentheil konnte, wenn man damals, ohne sich geeinigt zu haben, ausein-
ander ging, die künftige Vereinbarung ebensowohl das Rückgängigmachen der Kün-
digung und die Fortsetzung des alten Vertrages zum Gegenstände haben; auch in-
soweit handelte es sich im Hinblick aus die durch die Kündigung geschaffene Sach-
lage um „etwas Neues". ■
Archiv für Lürgerl. Recht ». Prozeß. V. 36