560 Neuer Mietvertrag oder Fortsetzung eines abgeänderten Vertrags?
Die Klage wurde in beiden Instanzen abgewiesen, vom O.L.G. aus den
nachstehenden Gründen, aus denen sich der weitere Sachverhalt ergiebt:
Unstreitig war der Miethverlrag vom 13. März 1891 für den Kläger als
Vermiether auf 3 Jahre unkündbar , wogegen dem Beklagten als Miether das
Recht halbjähriger, an die Termine 31. März und 30. September gebundener
Kündigung zustand. In § 4 des Vertrags aber war bestimmt, daß, sofern bei
Ablauf dreijähriger Miethzeit von keiner Seite eine halbjährige Kündigung vor-
ausgegangen sei, der Miethvertrag als stillschweigend auf unbestimmte Zeit ver-
längert gelten und nunmehr von beiden Seiten halbjähriger Kündigung unter-
liegen solle. Dieser Fall ist — wenigstens zunächst — nicht eingetreten, weil
unstreitig der Kläger den Vertrag im März 1894 für Ende September desselben
Jahres, den Endpunkt der dreijährigen Miethsdauer, gekündigt hat. Indessen sind
die Parteien alsbald in Verhandlungen getreten und deren Erfolg ist im Proto-
koll vom 30. März 1894, welches vom Polizeipräsidenten T. für den Beklagten
und vom Kläger vollzogen ist, festgestellt worden.
Inhalts dieses Protokolls haben die Genannten „wegen etwaiger Fort-
setzung des mit dem 1. Oktober 1894 ablaufenden, im März 1891 abgeschlos-
senen MiethVertrags" verhandelt, Kläger hat sich bereit erklärt „diesen
Miethvertrag vom 1. Oktober 1894 weiter fortzusetzen, sofern der Mieth-
preis sich von 1250 Mark auf 1500 Mark jährlich erhöhe", der Vertreter des
Beklagten hat dies angenommen und sich damit einverstanden erklärt, daß der
Miethvertrag vom 1. Oktober 1894 ab weiter fortgesetzt und der er-
höhte Miethzins von 1500 Mark jährlich gezahlt werde", schließlich haben die
Betheiligten ausdrücklich erklärt, „daß eine bestimmte Dauer der Miethzeit bei
Fortsetzung des Miethvertrags nicht stattfinden, sondern jedem Theile das
übliche Recht zur Aufkündigung zustehen, im übrigen aber die im früheren Ver-
trage vereinbarten Bedingungen weiter gelten sollen." Mit der somit wieder-
holt ausgesprochenen Absicht der Betheiligten, den früheren Vertrag fortzusetzen,
würde es nicht im Einklang stehen, wenn man in der Vereinbarung vom
30. März 1894, wie sie im erwähnten Protokolle niedergelegt ist, den Abschluß
eines völlig neuen Vertrags erblicken wollte; der Begriff der „Fortsetzung" steht
dem unmittelbar entgegen. Die Erhöhuilg des Miethzinses allein setzt an Stelle
eines bestehenden Miethverhältnisses nicht unbedingt ein hiervon zu unterscheiden-
des neues, sondern ist auch im Nahmen einer Vertragsänderung möglich, wenn
im übrigen die wesentlichen Vertragsbestimmungen dieselben bleiben. Ebensowenig
sind zwei Mietverträge zu unterscheiden, wenn gleich zu Anfang eines Mieth-
verhältnisses — wie es nicht selten vorkommt — verabredet wird, daß von einem
gewissen Zeitpunkte an ein höherer oder geringerer Miethzins gezahlt werden soll.
Für den vorliegenden Fall ist weiter nicht ohne Bedeutung, daß schon in § 4 des
Vertrags von 1891 für den Fall des Ablaufs der dreijährigen Miethzeit ohne
Kündigung die Fortsetzung des Miethverhältnisses auf unbestimmte Zeit bis auf