Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 5 (1895))

Schanze, Was ist unter gewerbsmäßiger Benutzung einer Erfindung zu verstehen? 529
Im Kommissionsberichte82) wird hierzu bemerkt: Nach der gegenwärtigen
Fassung des Gesetzes gilt die Beschränkung des mit dem Patent verbundenen Ver-
botsrechts auf das Gebiet gewerbsmäßiger Thätigkeit zwar für die Erzeugung, das
Inverkehrbringen und Feilhalten des patentirten Gegenstandes, nicht aber für den
Gebrauch desselben, insofern es sich um ein Verfahren, eine Maschine oder eine
sonstige Betriebsvorrichtung, ein Werkzeug oder ein sonstiges Arbeitsgeräth han-
delt. Der Antrag geht nun davon aus, daß es zu weit gehe und auch durch das
Wesen und den Zweck des Erfindungsschutzes nicht bedingt sei, wenn auch das
nicht gewerbtreibende Publikum in Bezug auf den Gebrauch dem Verbotsrecht
und den damit verbundenen Belästigungen unterliege, daß der Fortbestand dieses
Grundsatzes aber namentlich dann bedenklich werde, wenn eine Verantwortlichkeit nicht
blos durch Wissentlichkeit, sondern auch durch Fahrlässigkeit begründet werden solle.
Die Enqueteversammlung nahm in ihrer überwiegenden Mehrheit den An-
trag an und auch die Kommission stimmte ihm zu.
Von den Aeußerungen der Enquetetheilnehmer seien folgende hervorgehoben:88)
Langen: Ein Fall wird Ihnen exemplificiren, daß der Antrag, wie er ge-
stellt ist, nicht angenommen werden kann. Denken Sie sich, es führt Jemand in
seinem Hause die elektrische Beleuchtung ein und er verwendet dazu ein System,
welches unter Patentschutz steht, dann ist das nicht zu „gewerblichen Zwecken", es
ist aber doch ganz gewiß ein Eingriff in das Patent. Denken Sie sich, es kauft sich
ein Villenbesitzer eine patentirte Maschine zur Bewässerung seiner Anlagen: Der würde
ganz außerhalb des Gesetzes stehen, denn es ist nicht für „gewerbliche Zwecke".
vr. Rosenthal: Das letztgewählte Beispiel ist gedruckt in meinem Kom-
mentare enthalten, wo gerade davon die Rede ist, daß ein Villenbesitzer sich einen
Gasmotor anderweitig beschafft, um eine Wasserhebung zur Badeeinrichtung u. s. w.
einzurichten. Nun läßt sich :ja begreifen, daß der Patentträger dies für unerlaubt
hält, und gerade bei einer Maschine, die hohen Werth hat und große Kosten ver-
ursacht, wo der Preisunterschied zwischen einem patentirten und einem geschmuggelten
Exemplar erheblich ist, ist man von vornherein geneigt, das für ein größeres Unrecht
zu halten. Dem gegenüber denke man an den Fall, es kaust sich Jemand in der
Leipziger Straße eine Lampe, die ihm gerade gefällt, und bringt sie mit nach
Hause; die Lampe ist widerrechtlich hergestellt: da möchte ich nicht, daß der
Käufer verantwortlich gemacht wird, sondern ich möchte nur den Lampenhändler
verantwortlich sein lassen, welcher das nachgemachte Fabrikat gewerbsmäßig ver-
kauft, und den Produzenten, der es anfertigt. Kurzum derjenige, der in Aus-
übung eines Gewerbes sich der Patentverletzung schuldig macht, soll die.Verant-
wortung tragen; er kennt die Quellen, aus denen solche Dinge bezogen werden,
und die Frage des Massenkonsums geringwerthiger Gegenstände kommt ja bei
meinem Anträge hauptsächlich in Betracht. Wenn man dem Fabrikanten das legt,
Berlin 1887, v. Deckers Verlag, S. 45.
6S) Stenographische Berichte, Berlin 1887, v. Deckers Verlag, S. 168 flg.
Archiv für Bürgerl. Recht u. Prozeß. V, 34

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