Rückblick.
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schichte des Langobardenrechts, Berlin 1850) zusammentraf, worin
vorerst nur andeutungsweise gezeigt wird, wie germanisches Recht,
das bekanntlich auch in Italien lange Zeit als gemeines Recht galt,
schon im lOten und Ilten Jahrhundert zu Pavia wissenschaftlich
behandelt worden und erst später in Folge des Zerfalls der Pa-
pienser Schule dem römischen Rechte gewichen ist. Es geht daraus
wenigstens hervor, daß der Germanismus seine Ebenbürtigkeit mit
dem Romanismus nicht erst in Deutschland zu beweisen haben
sollte. Ja auch das Schauspiel zweier Schulen, einer germanischen
oder lombardischen und einer römischen, ist schon in Italien da ge-
wesen; sogar in Pavia selbst, indem die Einen vorzugsweise römi-
sches Recht zu Grund legten, während die Andern,. Walcausa an
der Spitze, der Herrschaft des römischen Rechts konsequent entge-
gentraten (Merkel S. 28 f.). In Deutschland trat der Widerstreit
zweier Volksrechte, des deutschen und des römischen, allerdings später
auf; aber er war unvermeidlich von dem Augenblicke an, wo für
das fremde Recht die Herrschaft in Anspruch genommen wurde.
Wenn der Sieg des Romanismus hier Anfangs leichter wurde,
weil ihm keine eigentliche Wissenschaft des deutschen Rechts gegen-
überstand, so mußte doch der Germanismus von dem Augenblicke
an in den Kampf mit dem römischen Recht verwickelt werden, wo
er seine Vertreter zum Theil unter den Lehrern des römischen Rechts
selbst gefunden; er mußte es noch mehr, nachdem das deutsche Recht
auf den Universitäten sich eingebürgert hatte: denn von nun an
handelte es sich nicht mehr bloß um einzelne Lehrsätze, sondern um
die Begründung einer ganzen Wissenschaft. Herr Gerber weiß,
daß eben hierüber und über die Grenze zwischen beiden Wissen-
schaften lebhafter Streit geführt wird. Wie mag er nun sich er-
dreisten, zu behaupten, daß man über die Behandlung des Rechts
in der Gegenwart beiderseits einig, oder daß der Gegensatz zwischen
Romanisten und Germanisten eine neue Entdeckung sei!
Vielleicht hat Herr Gerber, wie einzelne Romanisten, an
der besonderen Berufung der Germanisten zu einer Zusammenkunft in
Frankfurt (1846), nachher in Lübeck (1847) Anstoß genommen und
an dem Gedanken, der dieser Gelehrten-Versammlung zu Grunde
lag, daß die Schätze der vaterländischen Sprache, der Reichthum
deutscher Geschichte und deutschen Rechts wohl einer gemeinsamen
und je wieder besonderen Pflege, sowie einer persönlichen Be-