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Dr. WuIsert, Aus dem Familienrecht.
Manne die Entscheidung in. allen das gemeinschaftliche eheliche
Leben betreffenden Angelegenheiten zuspricht.
Sie sehen, das neue Recht kommt den Frauen zarter entgegen, als unser
sächsisches, has dem Ehemann das Recht gab, von der Frau Gehorsam zu ver-
langen (S. G.B. § 1631). In der-Sache wird freilich durch die höflichere Form
nicht viel geändert — man hat sich eben der Erwägung nicht verschließen können,
daß bei Meinungsverschiedenheiten der Gatten eine Entscheidung getroffen werden
muß, daß diese füglich nicht einem Dritten, etwa dem Richter oder einer Behörde
oder einem Ausschüsse der Genossen-überlassen werden'darf, daß es also unver-
meidlich ist, einem der Ehegatten bei Differenzen die entscheidende Stimme zu
geben, und daß dieser, eine ^ach unserer historischen Entwickelung und unseren
gegenwärtigen sozialen Verhältnissen nur der Mann sein kann.
Der Mann bestimmt also — wie das Gesetz noch ausdrücklich hcrvorhebt
— Wohnort und Wohnung. Er ist aber auch befugt, über rein persönliche Angelegen-
heiten der Frau, soweit solche für die Lebensgemeinschaft der Galten
von Bedeutung sind, Verfügungen zu treffen. Er kann — unter der-
selben Voraussetzung — ihren Verkehr mit Verwandten oder Freundinnen,
ihren Briefwechsel, ihre Toilette, ja sogar ihre Lektüre regeln,.;. B. wenn sie so-
wieso zur Schlaffheit und Schwermuth neigt und darüber ihre Pflichten als Haus-
frau versäumt, den Genuß Jbsen'scher Dramen u. dgl. verbietet» Er hat ferner
in den tausendfältigen an sich gleichgültigen Fragen des täglichen Lebens, die aber
doch entschieden werden müssen, wenn die Ehegattm eine wirthschaftliche Gemein-
schaft haben sollen — Benutzung der einzelnen Zimmer, Stunde der Mahlzeiten,
gemeinschaftliche Reisen — das maßgebende Wort.
Indessen, meine Herren, alle diese Rechte hat der Mann dem Gesetze nach.
Thatsächlich wird, wie Planck mit Resignation sagt, häufig das Umgekehrte der
Fall sein, und die Damen werden weiter zitiren:
„Er soll dein Herr sei», wie stolz das klingt — •
Aber das gilt doch nicht unbedingt!"
Nun, unbedingt gilt es sogar nach dem Gesetze, nicht.
Den» auch hier besteht die Schranke, daß die Entscheidung des Mannes
sich nicht als Mißbrauch seines Rechts darstellen darf.
Wenn mithin der Mann eine vier Treppen hoch gelegene Wohnung nimmt,
obwohl er ebensogut eine solche im Erdgeschoß miethen und bezahlen könnte, so
braucht sich die Frau, die kränklich ist und der. das Treppensteigen schwer fällt,
das nicht gefallen zu lassen, und nicht minder darf sie sich dagegen wehren, wenn
der Mann ihr in der sonst schönen und ausreichenden Wohnung nur ein schmales
Kämmerchen nach dem Hofe zu anweisen oder ihr, ohne daß sein Beruf das er-
forderte zumuthen wollte, das Frühstück um 10 Uhr Abends und das Mittagessen
um 2 Uhr Nachts aufzutragen.
Das Entscheidungsrecht des Mannes in allen das gemeinschaftliche ehe-