Gerichtsvollzieher, Verfahren bei Heraussetzungen. 65
Gläubiger das private oder öffentliche Recht der Benutzung zu diesem Zwecke hat.
Begründet wird ein solches Recht in § 771 nicht. Offenbar darf der Gerichts-
vollzieher die Sachen nicht ohne ein besonderes Recht des Gerichtsvollziehers oder
des Gläubigers und ohne Erlaubniß des Eigenthümcrs auf ein fremdes Privat-
grundstück schaffen. Ebensowenig aber wird das Recht deS Gerichtsvollziehers oder
des Gläubigers zur Benutzung eines dem öffentlichen Verkehre dienenden
Raums erweitert. Insbesondere werden beide nicht von dem Verbote befreit,
dessen Verletzung in § 366 unter 9 R.St.G.B mit Strafe bedroht ist. Dieses
Verbot gestattet dem Gerichtsvollzieher nur dann, die Sachen auf öffentliche Wege,
Straßen oder Plätze zu schaffen und zu stellen, wenn der freie Verkehr nicht
durch sie gehindert wird. Dies geschieht aber meist, wenn sie nicht ohne Aufschub
weiter geschafft werden. Hierfür muß der Gerichtsvollzieher sorgen, der sie aus
die Straße gestellt hat, und dieser Pflicht genügt er nicht ohne Weiteres schon,
indem er die Sachen dem Schuldner oder seinem Vertreter auf der Straße über-
giebt oder zur Verfügung stellt. Denn dieser kann oder will sie oft nicht weiter
schaffen und läßt sie auf der Straße liegen. Der Gerichtsvollzieher muß also
auch im Falle von § 771 Abs. 2 nicht aus Rücksicht auf den Schuldner, aber
auf den freien Verkehr die Sachen von der Straße schaffen und einstweilen unter-
bringen, falls er nicht ausnahmsweise die volle Gewähr hat, daß der Schuldner
oder dessen Vertreter sie weiter schafft, wenn er sie ihm auf der Straße übergiebt
oder zur Verfügung stellt. Zu diesem Zwecke wird er in der Regel nur unter
entsprechender Anwendung der Vorschriften in Abs. 3 verfahren können. Dieses
Verfahren erfolgt zwar auf Kosten des Schuldners, welche unter Umständen auf
dem Wege des Abs. 4 erlangt werden können. Allein meist wird der Gerichts-
vollzieher der Kosten nach $ 13 Ziff. 7 Geb.O. f. G.V. auslegen müssen und
er kann nach § 18 a. a. O. die Uebernahme des Auftrages zur Räumung von
der Zahlung eines zur Deckung dieser Auslage hinreichenden Vorschusses abhängig
machen, wie seine obige Dienstanweisung anordnet. Sache des Gläubigers ist es,
diese Vorschußpflicht zu erledigen, wie die Dienstanweisung des Gerichtsvollziehers
vorsieht, indem er die Erlaubniß der Straßenpolizeibehörde auswirkt und dem
Gerichtsvollzieher nachweist, daß die Sachen auf der Straße stehen bleiben dürfen,
oder indem er die Auslage des Gerichtsvollziehers für die Kosten des Transports
durch die — eigene — Stellung von Transportmitteln und Transportführern
erspart (die Vorschußpflicht in Betreff etwaiger Kosten der Verwahrung und Be-
aufsichtigung der Sachen dauert im letzteren Falle fort).
Wenn § 771 C.P.O. im Gegensätze zu den vorstehenden Ausführungen
über das Verhältniß des Gläubigers und des Gerichtsvollziehers zum Schuldner
hinausgreifen und dem Gerichtsvollzieher im Falle des Abs. 2 gestatten wollte,
die Sachen ohne Rücksicht auf das Verbot in § 366 unter 9 R.StG.B. auf die
Straße zu stellen, so würde der Grund nicht einleuchten, weshalb er dies nicht
auch im Falle des Abs. 3 darf. Aber gerade der Umstand, daß dem Abs. 3
Archiv für Bürgkrl. Recht u. Prozeß L. 5