4.1.8.
Voraussetzung für den Verlust des Rügerechts wegen Nichtvereidigung eines Zeugen.
46
Nichtvereidung eines Zeugen.
Handlungen und der stattgehabten Beweisaufnahme. Wenn das Berufungsgericht
hiernach zu dem Schluffe gelangt, daß der Zeuge L. auch bei eidlicher Bekräftigung
seiner Aussage nicht für glaubwürdig erachtet werden könnte, so kann darin, daß
es nicht zu der unter diesen Umständen überflüssigen Vereidigung geschritten ist,
ein zur Aufhebung des angefochtenen Urtheils führender prozessualer Verstoß nicht
gefunden werden.
Voraussetzungen für den Verlust des Rügerechts wegen
Nichtvereidigung eines Zeugen.
Urth. vom 11. Oktober 1899. I. 234/99.
Das Berufungsgericht hatte ausgeführt:
»Der Zeuge S. ist von - dem mit seiner Vernehmung beauftragten Richter
mit Rücksicht auf sein Verwandtschaftsverhältniß zu dem Beklagten nicht beeidigt
worden. Da der Zeuge von dem Beklagten, seinem Vater, zu seinen Verhand-
lungen mit dem Kläger zugezogen worden ist, so wäre im Hinblick auf § 350
Nr. 1 in Verbindung mit § 358 Nr. 3 der C.P.O. die nachträgliche Beeidigung
des Zeugen S. anzuordnen gewesen, wenn die Unterlassung seiner Beeidigung aus
Grund der erwähnten Bestimmungen bei der nächsten, auf Grund seiner uneid-
lichen Vernehmung stattgehabten mündlichen Verhandlung Seiten der Parteien
als die Verletzung einer die Form einer Prozeßhandlung betreffenden Vorschrift
gerügt worden wäre. Dieses ist aber nicht geschehen, obwohl die Parteien in dieser
mündlichen Verhandlung erschienen waren und ihnen die Unterlassung der Be-
eidigung bekannt war."
Das Gericht hat es unter diesen Umständen bei der Nichtbeeidigung des
Zeugen S. belassen.
Diese Ausführung verstößt gegen prozeßrechtliche Vorschriften. Nachdem
das Berufungsgericht zu der thatsächlichen Feststellung gelangt war, daß der
Zeuge S. bei der Errichtung des Vertrages, über dessen Zustandekommen er ver-
nommen worden war, als Zeuge zugezogen worden sei, hätte es die Beeidigung
des Zeugen anordnen müssen, weil ein zugezogener Zeuge, auch wenn er mit einer
Partei in gerader Linie verwandt ist, sein Zcugniß, soweit die Errichtung des
Rechtsgeschäfts in Frage kommt, nicht verweigern darf und deshalb insoweit nicht
zu den unbeeidigt zu vernehmenden Personen gehört, sondern unter die Regel-
vorschrift des § 356 der C.P.O. fällt. Dieser gesetzlichen Pflicht war das Be-
rufungsgericht nicht dadurch enthoben, daß von den Parteien bei der nächsten auf
die Vernehmung des Zeugen folgenden mündlichen Verhandlung die Unterlassung
der Beeidigung des Zeugen nicht gerügt worden war. Allerdings ist in der
Rechtsprechung des Reichsgerichts ständig anerkannt worden, .daß der in der Nicht-
beeidigung eines mit dem Zeugeneide zu belegenden Zeugen liegende Mangel durch
Ausschließung des Rügerechts nach § 267 der C.P.O. geheilt werden kann. Diese