Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 10 (1900))

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Literatur.

Rechtsbehelfe zustehen sollten, welche die C.P.O. dem Beklagten zur Geltendmachung seiner
Ansprüche und Einwendungen gegen den Kläger gewährt. Zu ihnen gehört aber nach
§ 251 Abs. 1 C.P.O. die Widerklage. Sie ist der Rechtsbehelf, welcher überhaupt nur vom
Beklagten, nie aber vom Kläger, erhoben werden kann. Der vorerwähnte Einwurf der
Gegner ist nicht stichhaltig. Das Gesetz drückt sich nicht negativ aus. Es sagt nicht, daß
ein nicht rechtsfähiger Verein nicht klagen dürfe. Es sagt nur, daß er verklagt werden kann.
Hieraus muß gefolgert werden, daß ein nicht rechtsfähiger Verein insoweit klagberechtigt ist,
als dies seine Lage als Beklagter mit sich bringt, insoweit er also Veranlassung hat, als
Widerkläger aufzu treten. Und es ändert daran auch die Thatsache nichts, daß der Richter
nach Z 186 C.P.O. im gegebenen Falle die Widerklage zur Verhandlung in getrenntem
Prozesse verweist. Der nicht rechtsfähige Verein entbehrt nach alledem der aktiven Partei-
fähigkeit nur, insofern er nicht befugt ist, selbstständig den Klageweg zu beschreiten. In
diesem Sinne haben auch die gesetzgebenden Faktoren die Vorschrift in 8 50 Abs. 2 auf-
gefaßt, wie nicht allein die Motive zu dem entsprechenden 8 49 a des Entwurfs, die aus-
drücklich die Zulässigkeit der Erhebung von Widerklage anerkennen — Sten.-Ber. des Reichs-
tags 1897/98, Anlageband I, S. 663 — sondern auch die Verhandlungen der mit der
Berathung des Entwurfs betrauten Kommission, in deren Bericht — Sten.-Ber. Anlage-
band ITC, S. 2065 — es heißt: „So muß denn als die einstimmige Auffassung der
Kommission ausdrücklich festgestellt werden, daß der Umfang der Parteirechte des im Rechts-
streite als Beklagter zugelassenen Vereins durch § 49 a möglichst weit hat bemessen werden
sollen — daß insbesondere der Ausdruck „Rechtsstreit" in diesem Sinne zu verstehen ist,
dergestalt, daß die Widerklage. . . als Element desselben Rechtsstreits anzusehen", und
ferner die des Reichstags ergeben, der sich dem Standpunkte seiner Kommission allenthalben
angeschlossen hat. — Sten.-Ber. Bd. I, 374, 425; III, 2096, 2097. — Der Ausspruch der
Motive verdient übrigens für die Auslegung des 8 60 Abs. 2 um so größere Beachtung,
als gerade die Regierungen das Maß der aktiven Parteifähigkeit für die nicht rechtsfähigen
Vereine thunlichst beschränkt wissen wollten.

Bezirksassessor vr. Oertel-Annaberg.

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