Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 10 (1900))

104 vr. Schanze, Zum Begriffe des Gebrauchsmusters.
tung des Apparates erfüllt, von welchem er einen Theil bildet. Ganz anders
liegt die Sache im gegenwärtigen Falle. In Anspruch genommen wird der Ge-
brauchsmusterschutz für eine Schützenschlagvorrichtung, für mechanische Drahtweb-
stühle rc.-Die Schützenschlagvorrichtung der Beklagten, auf einer Kombi-
nation im Einzelnen bekannter mechanischer Mittel beruhend, ist dazu bestinimt,
dem Drahtwebstuhl in Bezug auf den wesentlichen Theil seiner Arbeit, die Inbe-
triebsetzung des Schützens, eine angeblich neue Einrichtung zu geben, und sie ist
in dem Maße komplizirt, daß zur Klarstellung ihrer Zusammensetzung und
Wirkungsweise die Anmelder des Modells, und zwar mit Grund, eine mehr als
fünf Seiten umfassende Beschreibung und vier Abbildungen mit sechsunddreißig
verschiedenen Buchstabenbezeichnungen für nöthig erachtet haben. Eine derartige
Vorrichtung ist als ein Arbeitsgeräth oder Gebrauchsgegenstand, wofür der Ge-
brauchsmusterschutz erworben werden könnte, nicht anzusehen."
Beide Entscheidungen des Reichsgerichts verdienen vollen Beifall.
Allein es entsteht die Frage, wie würde sich das Reichsgericht in dem an
erster Stelle entschiedenen Falle verhalten haben, wenn eS sich nicht um eine Filter-
platte, also um einen relativ selbständigen Gegenstand gehandelt hätte, sondern um
eine Verbesserung einer komplizirten Presse selbst, man denke, daß daS Gestell der
Presse eine verhältnißmäßig einfache Umformung erfährt, durch welche ihre Brauch-
barkeit erhöht wird? Allgemein auSgedrückt: wie dann, wenn nicht selbständige
Bestandtheile oder bloße Eigenschaften eines komplizirten Gegenstandes durch die
Verbesserung betroffen werden?
Unselbständige Bestandtheile und bloße Eigenschaften sind für sich allein keine
Arbeitsgeräthschaften und Gebrauchsgegenstände. Und andererseits läßt sich nach
der Ansicht des Reichsgerichts ein komplizirter Gegenstand, dessen Bestandtheile
oder Eigenschaften durch die Verbefferung betroffen werden, auch nicht zu den
Arbeitsgeräthschaften oder Gebrauchsgegenständen im Sinne des Gesetzes rechnen.
DaS Reichsgericht wird sich also dazu verstehen müssen, die Schutzfähigkeit
der unselbständigen Verbesserung eines komplizirten Gegenstandes zu verneinen.^)
Gleichwohl wird man nicht leugnen können, daß ein komplizirter Gegenstand in
feinen unselbständigen Bestandtheilen oder Eigenschaften eine zweckmäßige Ausge-
staltung erfahren kann, die nicht bedeutend genug ist, um des Patentschutzes theil-
haftig zu werden, und doch bedeutend genug, um den Gebrauchsmusterschutz für
angezeigt zu erachten.
Dieser Erwägung wird sich das Reichsgericht bei seinem feinen Empfinden
für die Bedürfnisse der Industrie nicht verschließen. Und die Folge davon? Ich
meine, das Reichsgericht hat von seinem Standpunkte aus, nach welchem die
ArbeitSgeräthschaft oder der Gebrauchsgegenstand, auch wenn nur an ihnen etwas
erfunden ist,^ relativ einfacher Natur sein muß, ein erhöhtes Interesse, daß in

,s) Bergt, aber unten bei Note SS».

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