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Wilda:
man sich aber in dem Urtheil auf die aus ihrem Zusammenhang
gerissenen §§♦ 194. 195. (Thl. 2. Tit. 4.) als die Ansprüche des
Klägers unterstützend berufen 21). Denn in den §§. 190—202. ist
genau bestimmt, wie es mit der Successionsordnung gehalten werden
soll, wenn der Fideicommißstifter die Cognaten (die weibliche Des-
ceudenz) berufen hat. Daraus kann aber für einen Fall, wie der
vorliegende, gar nichts gefolgert werden. Man ersieht aus dem Her-
beiziehen dieser 88. aber auch, daß der Richter zwar die dem ge-
meinen Recht angehörende Doktrin von den Familienfideicommissen
zur Seite zu schieben gesucht hat, daß er aber anderweitige Admi-
nicula seiner Erklärung der angeblich so unzweifelhaft lautenden Ur-
kunde doch keinesweges so ganz verschmäht und überflüssig gehalten
hat. Und wie konnte er dieß auch? Von dem Richter erster In-
stanz waren in Uebereinstimmung mit der Iuristenfakultät die Ansprü-
che der Cognaten als unbegründet erklärt worden, und der eine
Theil der Gründe, worauf die zweite Instanz ihr abweichendes Ur-
theil gestützt hat, ist in dem jetzigen Erkenntniß selbst verworfen
worden, ohne daß freilich etwas anderes an die Stelle gesetzt wor-
den wäre. Das Erkenntniß beruht somit lediglich auf der Erklä-
rung der Worte „obangezeigtermaßen — stammen und fallen," oder
vielmehr auf dem kategorischen Ausspruch, daß der Stifter des Fi-
deicommisses mit diesen Worten die weibliche Nachkommenschaft zur
Nachfolge berufen habe, denn auf eine Widerlegung der abweichen-
den Erklärung hat man sich gar nicht eingelassen. Der Widerle-
gung, namentlich der Ausführung, daß „stammen und fallen" in Fi-
deicommißurkunden gar nichts anderes bedeute als „kommen und
fallen," oder die Nachweisung, daß der Verfasser der Urkunde diese
Worte hier nicht in der sonst üblichen Weise gebraucht habe, hat
man sich durch die Erklärung zu überheben gesucht daß dem Gut-
achten der Fakultät nur der Werth einer Parteischrift zukomme. Das
27) §. 194. Ist beim Ableben des letzten männlichen Descendeuten von
dem Stifter, dessen älteste Tochter noch am Leben, so gelangt fle
zum Besitz des Fideicommisses; auch wenn sie alsdann noch keine
succesflonsfähige männliche Nachkommen hätte. §. 195. Stirbt sie
aber ohne dergleichen Nachkommen zu hinterlassen, so geht die
Succesflon auf die zweite Tochter des Besitzers und deren männli-
chen Descendeuten, nach eben der Regel über.