Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 12 (1848))

„die alte Stammgutseigenschaft auch nach Erlöschen des Manns-
stammes fortdaure, wie denn ja auch in unseren deutschen Territo-
rien in jenem Fall die Weiber zur Nachfolge gelangen. Es beruht
dieses Alles aber auf einer unrichtigen Vorstellung von der Entste-
hung der deutschen Familienfideicommisse und einer damit zusam-
menhängenden Gleichstellung der Verhältnisse und Rechte des ho-
hen und nieder» Abels, sowie der Familienfideicommisse des Adels
überhaupt und der etwa auch bei bürgerlichen Familien vorkommen-
den — Anordnungen innerhalb adeliger Familien, wodurch Unveräußer-
lichkeit der Güter, Ausschließung der Töchter von der Erbfolge, —
beides oftmals in einer weitergehenden Weise, als sie sowohl in den
ältern Bolksrechten, wie in dem Landrecht des M. A. begründet wa-
ren, — und selbst Festsetzung der Untheilbarkeit der Güter, sowie be-
sonderer Nachfolgeordnungen, Bestimmungen über Abfindungen u.s.w.,
waren in Deutschland üblich geworden, bevor das römische Recht
allgemeinere Verbreitung erhalten hatte, und durchaus unabhängig
von der Einwirkung desselben l0j. Auflockerung der alten fest ge-
schlungenen und über das Haus hinausgehenden Familienbande, zu-
nehmende Beweglichkeit des Vermögens, welche auch das Grundei-
genthum ergriff, wachsende Gleichberechtigung der Weiber, lagen
im Entwicklungsgang des deutschen Rechtes selbst, und das römische
Recht begegnete nur dieser im Werden begriffenen Rechtsgestaltung.
Dem Adel, dessen Bedeutung von der Erhaltung „der Geschlechter"
abhing, dessen vorberechtigte Stellung, dessen politisches Ansehen und
Einfluß ohne Grundbesitzthum nicht bestehen konnten, konnte die Ge-
fährdung, welche ihm durch jene Rechtsentwicklung drohte, nicht ent-
gehen. Doch waren es sicher mehr vereinzelte Erfahrungen, als
eine Uebersicht der Verhältnisse, die erst eine spätere Zeit gewinnen
konnte, welche ihn bestimmten, durch Familienanordnungen entgegen-
zuwirken und vorzubauen. Es kam hinzu, daß ein Theil des Her-
renstandes seine Rechte zu der, einer wahren Staatsgewalt sich im-

10) S. C. F. Di eck (Rec. v. Salza und Lichtenau, die Lehre von den
F. F. C.) in Richter und Schneiders Zahrbb. für krit. Rechtswis-
senschaft 1840 S. 320. G. Beseler, die Lehre von den Erbver-
trägen Bd. II. S. 75 ff. S. 259 ff. und Reyscher, das Erbrecht
der adeligen Töchter und deren Verzichte im 6. Bande dieser Zeit-
schrift S. 257 ff.

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