Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 13 (1903))

Fuld, Fabrik und Werkstätte.

541

bei einer Fabrik große Räumlichkeiten und zahlreiche Arbeitskräfte vor-
handen sind, daß der Umfang der Produktion ein großer ist, daß Kraft-
maschinen und Arbeitsmaschinen Verwendung finden und daß die Produkte
für den Handel im großen hergestellt werden. Indessen können diese Mo-
mente doch nur als solche anerkannt werden, welche das an erster Stelle
genannte unterstützen. Wie unrichtig es beispielsweise wäre, aus der
großen Anzahl der als Arbeiter beschäftigten Personen allein einen Schluß
aus das Vorhandensein eines Fabrikgeschäftes zu ziehen, zeigt der Um-
stand, daß es nicht nur in den Großstädten, sondern auch in den Mittel-
städten nicht an Damenkostümateliers und Herrenkleidergeschäften fehlt,
welche während der Saison 80 und 100 Arbeiter, bezw. Arbeiterinnen be-
schästtgen, gleichwohl aber nur nach Maß und auf Bestellung für den
persönlichen Bedarf des Bestellers arbeiten. Lediglich das Zusammen-
tteffen der genannten Momente kann die Annahme des Fabrikbegriffs
rechtferttgen, unzulässig ist es aber, in einem Unternehmen schon dann
eine Fabrik zu erblicken, wenn auch nur die Mehrheit der genannten
Kriterien bezüglich desselben sestgestellt werden kann. In dieser Beziehung
sttmmen freilich die Gerichte nicht miteinander überein; Urteilen, welche
bei dem Vorhandensein der Mehrheit der Kriterien den fabrikmäßigen
Bettieb unbedenklich annehmen, stehen solche gegenüber, welche mit Strenge
auf das Gegenteil halten. Zu den Gerichten, die auf dem Boden der
letzteren Ansicht stehen, gehört das Kammergericht (Selbstverwaltung 1902
S. 523), während die erstere in einer vielbesprochenen Erkenntnis des
Landgerichts Elberfeld vom 19. Dezember 1900 gebilligt wurde, dem das
Reichsgericht zugesttmmt hat (Soz. Praxis Bd. 11 S. 152). In dem Elber-
selder Erkenntnis wurde betont, daß in dem Geschäftsbetrieb des An-
geklagten eine scharfe Trennung bestehe zwischen der kaufmännischen und
technischen Tättgkeit der in den einzelnem Ateliers beschäftigten Arbeiter
und Arbeiterinnen; unter diesen selbst herrsche dann wiederum auch eine
sehr weitgehende Arbeitsteilung, indem jede an der Herstellung eines
Produttes betelligte Person nur eine ganz bestimmte Arbeit verrichte, so
daß an der Herstellung eines Damenkostüms vier Personen und mitunter
noch mehr arbeiteten. Das Landgericht hält es weiter für charatteristtsch,
daß die Arbeiter und Arbeiterinnen infolge dieser strengen. Arbeitsteilung
unselbständig und einseittg seien, daß sie in einer Reihe von geschloffenen
Räumen getrennt arbeiteten; schließlich wird Wert aus die große Zahl ge-
legt. Dann wird aber betont, daß das Fabrikmäßige nicht dadurch aus-
geschloffen werde, daß nur auf Bestellung und nicht auf Vorrat gearbeitet
werde; auch die Nichtverwertung von elementaren Betriebskrästen bilde
kein Hindernis gegen die Annahme des Fabrikbetriebs und zur Stütze
dieser Auffassung nimmt das Landgericht aus die in Bd. 14 S. 426 ab-

Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.

powered by Goobi viewer