Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 13 (1903))

9.1.3. Tilgung einer Schuld aus reinen Differenzgeschäften durch Hingabe an Zahlungsstatt; Begriff der letzteren. Vergleich über Differenzgeschäfte.

Differenzgeschäste. Hingabe an Zahlungsstatt. Vergleich. 347
Tilgung einer Schuld aus reinen Differenzgeschäften durch
Hingabe an Iahlungsstatt; Begriff der letzteren. Vergleich
über Differenzgeschäfte.
(Urt. vom IS. Juni 1902. I 58/02.)
Der Rechtsvorgänger der beklagten Handelsgesellschaft, der Bankier
Max M. in H., hatte in den Jahren 1891 und 1892 im Aufträge des
jetzigen Klägers umfangreiche Ein- und Verkäufe von Wertpapieren aus-
geführt und klagte Anfang des Jahres 1893 das ihm nach seiner Berech-
nung zukommende Guthaben von über 20000 M. gegen seinen Auftrag-
geber ein. Letzterer behauptete, es lägen reine Differenzgeschäfte vor, und
verweigerte deshalb nicht bloß die Zahlung der geforderten Summe, son-
dern erhob auch Widerklage, durch die er u. a. Herausgabe einer Lebens-
versicherungspolice, die er dem Max M. als Pfand gegeben hatte, forderte.
Der Prozeß wurde durch einen außergerichtlich abgeschloffenen Vertrag er-
ledigt, dessen Inhalt sich aus den nachstehenden Urteilsgründen des näheren
ergibt; nach demselben sollte insbesondere die erwähnte Lebensversicherungs-
police in den Händen von Max M. bleiben, die jährliche Prämie aber
vom jetzigen Kläger bezahlt werden. Dieser Verpflichtung war er nicht
nachgekommen.
Im Jahre 1901 erhob er Klage mit dem Anträge, die Beklagte zur
Rückgabe der Lebensversicherungspolice und Rückübertragung aller Rechte aus
derselben zu verurteilen, wogegen er sich zur Zahlung aller von der Be-
llagten an die Lebensversicherungsgesellschaft gezahlten Prämien erbot. Die
Klage war darauf gestützt, daß der Vergleich, da es sich um unklagbare
Differenzgeschäste gehandelt, nichtig sei.
Die Beklagte bestritt, daß es sich um Differenzgeschäste gehandelt
habe, und wendete ein, die Rückforderung der Police sei ausgeschloffen, da
sie zur Tilgung der Schuld des Klägers an Zahlungsstatt gegeben worden;
aber auch der Vergleich sei, selbst wenn es sich um Differenzgeschäste ge-
handelt habe, unanfechtbar, da er gerade über die streitige Frage, ob
Differenzgeschäfte vorliegen, und zur Beseitigung des Streites darüber ge-
schlossen sei.
Die Klage wurde in erster und zweiter Instanz abgewiesen. Das
Reichsgericht hob das zweite Urteil aus und verwies die Sache an das
Berufungsgericht zurück mit nachstehender Begründung:
Der Berufungsrichter weist die Klage ab, weil 1. der Vertrag vom
27. September 1893 zur Beilegung des Streites der Parteien über die
Differenznatur der Geschäfte geschlossen sei und diesen Streit endgültig und
unanfechtbar beseitigt habe, die Rückforderung der Police aber 2. auch da-
durch ausgeschlossen sei, daß sie aus Grund des Vergleichs an Zahlungsstatt

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