Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 13 (1903))

6.2. Aus sächsischen und außersächsischen Gerichten.

6.2.1. Haftung des Staates für einen Unfall, den jemand durch Ausgleiten auf dem Fußboden eines Gerichtsgebäudes erleidet? (B.G.B. § 831 Abs. 1 Satz 1 u. 2, E.B.G.B. Art. 77.)

Staat, Haftung, Unfall.

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II. Aus MchUchen und autzrrMchstfchrn Gerichten.
Haftung des Staates für einen Unfall, den jemand durch Aus-
gleiten auf dem Fußboden eines Gerichtsgebäudes erleidet?
(B.G.B. 8 831 Abf. \ Satz \ u. 2, L.B.G.B. Art. 77.)
(Urt. des O.L.G. Dresden vom 30. Jan. 1902. 0 I 177,01.)
Der Kläger, der am 8. Mai 1900 im Amtsgerichtsgebäude zu N. -
gefallen ist und dabei eine Verletzung der Hand erlitten hat, ist mit seinem
aus Zahlung von 180 M. samt Zinsen gerichteten Schadenersatzanspruch
von der vorigen Instanz zurückgewiesen worden.
Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen aus folgenden
Gründen: '
Der Kläger erblickt die Ursache seines Sturzes in der ungewöhn-
lichen, bei dem Wachsen des im Gerichtsgebäude verwendeten Linoleum-
belages besonders gefährlichen Glätte der granitenen Fußbodenplatten und.
mißt den mit der Aussicht am Eingang des Amtsgerichts betrauten Ge-
richtsangestellten sowie dem mit der Aufsicht über das Gebäude beauf-
tragten Inspektor X. ein Verschulden an seinem Unfälle bei, und macht
hierzu geltend, daß von den elfteren über die ihnen durch das wieder-
holte Ausgleiten von Personen bekannt gewordene Gefährlichkeit jener Stelle
nicht alsbald Meldung erstattet worden sei, und daß weiter der Inspektor
X. trotz seiner eigenen Kenntnis von jenen Vorkommnissen nicht dafür
Sorge getragen habe, daß Vorkehrungen zur Verhütung weiterer Unfälle
getroffen wurden.
Was den ferneren Vorwurf des Klägers angeht, die Verwendung
von Granitplatten zu Fußbodenbelag sei überhaupt eine allgemeine Un-
sitte, ist nicht gerechtfertigt. Die Verwendung solcher Platten, eben weil
sie sich zum Bodenbelag besonders eignen, ist erfahrungsgemäß eine all-
gemeine. und schon deshalb läßt sich nicht von einem Verstoß gegen die
Regeln vorsichtiger Baukunst sprechen. Daß aber eine Nichtbeachtung dieser
Regeln etwa insofern vorliege, als seinerzeit ungewöhnlich glatte Platten
benützt worden seien, behauptet der Kläger selbst nicht.
Es kommt sonach nur in Frage, ob der Belag infolge des lang-
jährigen Gebrauchs eine außergewöhnliche Glätte angenommen, hatte,
sowie bez. ob die durch diese Glätte hervorgerusene Gefahr durch das,
angeblich übermäßige Wachsen der Linoleumläuser gesteigert worden war,
dies aber den mit der Aufsicht bettauten Beamten bekannt geworden ist,
ohne daß dieselben davon Meldung gemacht, bez. auf eine Abhilfe hin-
gewirkt hätten.

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