Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 13 (1903))

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Müller, Das Erlöschen der Prozeßvollmacht.

weise beseitigt wird." Diese Fassung, namentlich der Ausdruck „insbe-
sondere", ließ einen Unterschied zwischen Prozeßhandlungen und sonstigen
Handlungen nicht erkennen. In der Kommission' wurde der Antrag gestellt,
diesen Abs. 2 zu streichen und dafür als 8 108a aufzunehmen: Nur im
Falle einer ausdrücklich darauf gerichteten Vollmacht ist der Prozeßbevoll-
mächtigte berechtigt:
1. Gerichtsmitglieder oder Staatsanwälte abzulehnen.
2. Vergleiche, Schieds- und Nachlaßverträge abzuschließen,
3. aus Ableistung eines von der Gegenpartei zu leistenden Eides zu
verzichten,
4. aus den Rechtsstreit zu verzichten,
5. Geld oder Geldeswert, mit Ausnahme der Prozeßkosten, zu empfangen
und herauszugeben.
Ferner wurde beantragt, dem noch hinzuzufügen:
6. einen Eid anzunehmen, aufzutragen oder zurückzuschieben,
und ein dritter Zusatzantrag lautete:
7. zum Anträge aus Ausschließung der Öffentlichkeit.
Man sieht, es sind die heterogensten Dinge hier zusammengestellt, die
man nicht von der Prozeßvollmacht umfaßt sehen wollte. Man sieht aber
zugleich auch ganz deutlich, daß nicht ein Gegensatz zwischen den besonders
aufgeführten Handlungen und den Prozeßhandlungen zum Ausdruck kommen
sollte. Denn daß die unter Ziff. 1, 3, 6 und 7 genannten Handlungen
Prozeßhandlungen im engsten Sinne des Wortes sind und garnichts
anderes sein können, wird' wohl niemand auch nur einen Augenblick be-
zweifeln. Es sollten vielmehr durch jene Anträge für einzelne Handlungen,
die an sich unter den Begriff der Prozeßhandlungen und deshalb unter
die Prozeßvollmacht gefallen wären, Ausnahmen konstatiert werden, für
die eine Spezialvollmacht erforderlich sein sollte. Die Ausnahmestellung
suchte man bei Ziff. 1, 6 und 7 durch Besonderheiten des österreichischen,
bezw. des rheinisch-französischen Civilrechts zu rechtfertigen. Bei dem Ver-
gleich, dem Verzicht aus den Rechtsstreit und dem Bericht auf die Eides-
leistung seitens des Gegners, den man als eine Art von Vergleich ansah,
hielt man eine Ausnahmebestimmung deshalb für notwendig, weil es sich
um „außergewöhnliche Beendigungsarten" handele und nicht anzunehmen
sei, daß die ursprüngliche Absicht des Vollmachtgebers sich auch auf diese
Schlußhandlungen beziehe. Die Anträge zu 2—5 wurden angenommen, die
übrigen abgelehnt.
In ähnlicher Weise besagte der preußische Entwurf in 8 101, daß
die Prozeßvollmacht nicht ermächtige zu: 1. Vergleichen, 2. Verzicht
aus Leistung des dem Gegner auserlegten Eides, 3. Verzicht aus den

1 Vergl. Hannoversche Protokolle S. 1067 ff.

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