Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 8 (1843))

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Sternberg:
Bei deren Beurtheilung kann man nicht außer Acht lassen:
daß ihrer Entstehung nicht blos ein zwischen dem Beständer und
dem Leiheherrn in Betreff der Sache obwaltendes Rechtsver-
hältNiß zum Grunde lag, sondern vielmehr ein persönliches Ab-
hang igkeitsverhältniß.
Gerade in dieser Abhängigkeit lag das Charakteristische des
Verhältnisses und in deren Gradazion ist der unterscheidende Gesichts-
punkt zu suchen.
In Folgendem soll dieser Satz näher erörtert werden.
Schon in der ältesten deutschen Rechtsverfassung sind die Keime
der spätem Staatsentwicklung erkennbar.
Wir treffen hier den Unterschied zwischen Freien und Un-
freien. Frei war derjenige, welcher die Genossenschaft in einer
freien Volks-Gemeinde erlangt hatte, und sich solchergestalt selbst da-
rin vertrat; unfrei derjenige, welcher der Vertretung durch einen
Andern bedurfte. Da nun aber der Verkehr mit Grund eigen-
thum, welcher bei einem Ackerbau und Viehzucht treibenden Volke
von besonderer Wichtigkeit erschien, nur in der Volks gemeinde
geschehen konnte, so war es natürlich, daß nur der Freie ein äch-
tes Eigenthum besaß, wie dieses auf der andern Seite zur Ge-
nossenschaft und deren Vortheilen führte.
Sowohl im Gebiete der Freiheit, als Unfreiheit gab es
aber schon in der frühesten Zeit mannigfache Abstufungen.
Unter den Freien ragten nämlich einmal die edlen Ge-
schlechter, welche in Betreff der öffentlichen Gewalt Vorzüge ge-
noßen, und kriegerische Dienstgefolge unterhielten, hervor; auf der
andern Seite aber verdient die besondere Stellung derjenigen Er-
wähnung, welche in eben jene Dienstgefolge traten, und dort zwar
ihre Freiheitörechte nicht aufgaben, aber durch ein besonderes
Treuegelöbniß sich einem Edlen verpflichteten.
Die Unfreiheit entstand meist durch Eroberung, gemeiniglich
Abentheuer suchender Edeln, welche, mochte auch die Gemeinde im
tiefsten Frieden leben, mit ihren Dienstgefolgen auf Krieg und Tha-
ten auszogen. — Natürlich hieng es aber alsdann von dem Sieger
ab, welche Rechte er den Besiegten einräumen wollte. Deren Stel-
lung war daher nicht gleich. — Oft wurde das Eroberte wohl un-
ter das Dienstgefolge als Beute vertheilt, und hier sanken dann
natürlich die Eingebornen zu eigenen Leuten größerer oder kleinerer

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