558 XIV. Elvers, über Romagnosi's Schriften
haben muß, kann vor der Falschheit der theoretischen Haupt-
grundsatze Romagnosi's nicht genug gewarnt werden, zumal
sie meistens einen gewissen Schein für sich haben, und bei der
mangelhaften Ausbildung unserer Deutschen Rechtswissenschaft
im Gebiete des gemeinen Wasserrechtes Wiele sich durch die
Auctoritat eines praktisch viel erfahrnen angesehnen Mailändi-
fchen Rechtsgelehrten leicht blenden lassen möchten. Wenn
Romagnosi selbst gesteht, daß Italien sein herrliches Be-
wasserungsSystem hauptsächlich der Herrschaft des Römischen
Rechts mit verdankt, so sollten wir, die wir ein ähnliches
zu erlangen wünschen, uns wohl vorsehen, nicht gleich zu
Anfang den festen Grund und Boden des Römischen Rechts
aufzugebcn, um irgend einer noch so geistreichen, und unfern
alltäglichen Vorstellungen etwa mehr zusagenden Ansicht wil-
len. Vom Standpunkte Römischer Rechtswissenschaft aus
wollen wir nun zunächst einige derjenigen Behauptungen Ro-
magnosi's beleuchten, welche freilich auch der Ucbersetzer
als beachtungswcrthe Resultate des vorliegenden Buches be-
zeichnet, daß nämlich das in künstlichen Rinnsalen fließende
Wasser im Eigenthume des Eigenthümers des Rinnsales, daß
es im Behälter oder Rinnsal eine unbewegliche, von der
Masse getrennt, eine bewegliche Sache sey; weshalb es
gestohlen, und als Waare verkauft werden könne. An der
rechtswiffenschaftlichen Begründung dieser Sätze fehlt es aber
durchaus, da auch sie nur mehr Ausfluß einer spekulativen
Ansicht sind; weshalb in Beziehung auf dieselben auch nicht
von gewonnenen Resultaten die Rede seyn kann. —
Die Stelle des Paulus Sent. recept. V, 6, §.9 soll
beweisen, »daß es angenommene Meinung der Römischen Ju-
risten gewesen sey, daß Diebstahl an laufendem Wasser
nicht allein statt finden könne, sondern auch mit Strafe ge-
ahndet werde.« Allein in jener, ohnehin nicht im Corpus
faris enthaltenen (Stelle ist mit keinem Worte von pur turn
die Rede, sondern nur vom JnterdictenSchutze des die Was-
serleitung Gebrauchenden (»Ducenti autem vis fieri pro-
