Die Ehrverletzung nach deutschem Rechte. WV
derne kleghere sine bute gheven of he dat klaghet, it ne
were en dore oder en sinnelos minsche100).
War aber dieser Gegensatz zwischen bona und mala fides über-
haupt einmal aufgefaßt, so mußte man nochwendig darauf geführt
werden, auch innerhalb der nicht zu rechtfertigenden Anklage wieder
weiterhin zwischen bloßer Unvorsichtigkeit oder Frivolität und wah-
rer Kalumnie, böslicher wissentlich falscher Anklage zu unterscheiden.
Theilweise hieher gehört die Bestimmung des Sachsen-
Spiegels, wornach der, welcher einen Andern verwundet und
tödtet und nun die Schuld des Friedensbruchs vor Gericht auf
diesen schiebt, damit aber sachfällig wird, selbst nach Friedensrecht
gerichtet werden soll t0l> Denn immerhin liegt hier eine wissentlich
falsche Klage vor, und faktisch tritt die Strafe der Talion ein.
Gleichwohl liegt noch nicht das Prinzip der Talion in dieser Be-
stimmung; denn der falsche Kläger wird wegen desjenigen Unge-
richts bestraft, dessen er eben um seiner Sachfälligkeit willen selbst
als überwunden gilt, nicht wegen der Kalumnie als solcher. Da-
gegen ist der fragliche Uebergang wieder sehr deutlich im G o s l a r.
Rechte ersichtlich, wo auf's Bestimmteste gesagt wird:
We aver in hate edder mid vorsade unde mid vorbedachtem
mode weme wat dede edder up on spreke dichtede edder
beteghe, dat an syn liff ere unde gude gerechte ginge, des
he up on nicht vulbringen konde alse recht is, unde der
vorsate sek dar ane nicht entleddigen mochte, de scheide
deme elegere boten mid drittich Schillinge unde deme vogede
wedden sestich schillinghe lüttiker pennighe: dartho schal
dat an deme rade stan, wu de om dat umme de vorsate
keren wolden ,02).
Zwar spricht die Stelle nicht von falscher Anklage, sondern
von Verläumdung überhaupt; aber, was von dieser gilt, muß na-
türlich umsomehr von gerichtlicher Verläumdung gelten; es muß
100) Gosl. Stat. S. 47, 28—31. vgl. ©tadtr. von Medebach 1350.
Art. 39 (Seibertz. II. 385).
101) Sächs. Landr. I. 50, 1. 69. Richtst. 32, 41. Rb. nach Dist.IV.
23, 15. vgl. Schwäb. Landr. c. 79. II. III.
102) Gosl. ©tat. ©. 91, 30-36. Brnn« Beitr. ©. 248 (nr. 35).
Hier wird die Stelle bei Gelegenheit einer Tergiversatio» angebracht.