Full text: Zeitschrift für deutsches Recht und deutsche Rechtswissenschaft (Bd. 15 (1855))

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Köstlin:
Das besonders Bedeutsame in diesen Bestimmungen ist aber
nicht das, daß sie überhaupt über die dürftige Vorschrift des Sach-
senspiegels hinausgehen, sondern namentlich das über die üble Nach-
rede hinter dem Rücken eines Andern Gesagte. Während nach
dem früheren lüb. Rechte der deßhalb in Anspruch Genommene
gar nicht zu antworten brauchte, so ist in den späteren Rezensionen
und in den Hamb. Stat. nur gesagt, er brauche nicht zu schwören,
wenn er die Beschuldigung vor Gericht „vorsaLe"; bekenne er sie
aber, d. h. bleibe er dabei, so müsse er bessern^). Hierin liegt of-
fenbar Imxlieitö der Widerruf und die Ehrenerklärung, wovon das
spätere Hamb. Recht ausdrücklich spricht M). Ebenso verhält es
sich aber mit den Gosl. Stat.60). Diese unterscheiden, ob Je-
mand in Zorn und Hastmuth etwas gesagt oder gethan habe, das
einem Andern an Ehre und gutes Gerüchte gehe, — oder ob in
Haß oder mit Vorsatz und vorbedachtem Muthe. Vorausgesetzt
nun, daß ihm der Beweis der exeextio veritatis mißlingt, soll er
ersteren Falls sich vorsate dar ans entleddigen können, eff men dat
von om esschede, und sofort dem Kläger 30 Schill, büßen und dem
Vogte 60 Schill, kleiner Pfennige wetten; im andern Fall aber,
wo er sich vorsate nicht entleddigen könne, soll zu der gedachten
Buße und Wette noch arbiträre Bestrafung von Seiten des Raths
kommen b>). In dem des vorsate sich Entledigen, was man von
dem Injurianten „heischen" kann, liegt offenbar gleichfalls die Idee
des Widerrufs und der Ehrenerklärung im Keime62).

58) Lappenberg, Einl. zu den Hamb. RA. p. LXXV referirt nicht ge-
nau. Was Trümmer, Vorträge I. 423 über die in's Gesicht ge-
machten Beschuldigungen sagt, ist ohne Grund (s. 1292 M. 2, 4), da-
her not. 2 verfehlt.
59) Rezeß 1529 Art. 21 Stat. 1603 IV. 58.
60) S. 91, 24-36. Vgl. Bruns, Beitr. S. 247. 248 und Stat. S.
46, 6. 7.
61) Ueberraschend ist die Uebereinstimmung der Grundgedanken mit dem
Lä. Roth. c. 198. 584 und dem norweg. Rechte. Der Widerruf
und die Ehrenerklärung sind ein Vorrecht besten, der nur im Affekt
gehandelt hat, und der damit strengerer Bestrafung entgehen kann.
62) Diese Beziehung ist von Göschen S. 332 nicht hervorgehoben, der
(zu not. i) die Stelle offenbar schief auffaßt, da er vorsate - äolus
überhaupt nimmt, was nach S. 91, 24—29 doch ganz unmöglich ist!

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