Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 2 (1892))

33.2.9. Erstattungsfähigkeit der durch Anstellung des ordentlichen Prozesses erwachsenen Mehrkosten, wenn der Kläger im Urkundenprozeß zu klagen in der Lage gewesen wäre.

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Kostenfestsetzungsverfahren.

gerichte drei Klagen — wegen jedes einzelnen Wechsels eine besondere Klage —
einreichte. Daß hierdurch eine Kostenhäufung verursacht worden ist und daß die
Verbindung der drei Ansprüche in einer einzigen Klagschrift eine im Interesse
beider Parteien liegende Ersparniß an Vorschuß und Prozeßkosten zur Folge
gehabt hätte, ist offensichtlich. Einen besonderen Grund dafür, daß im vorliegenden
Falle die Einreichung getrennter Klagschriften zur zweckentsprechenden Rechtsver-
folgung nothwendig oder auch nur räthlich gewesen sei, hat die Beschwerdeführerin
nicht anzugeben vermocht. Die vorige Instanz hat daher mit Recht und in Ge-
mäßheit der Grundsätze, von denen auch das O.L.G. schon wiederholt in ähn-
lichen Fällen ausgegangen ist, den durch die Einreichung getrennter Klagschriften
unnöthiger Weise verursachten Mehraufwand an Anwaltsgebühren und Auslagen
als nicht erstattbar gestrichen.
Erstattungsfähigkeil der durch Anstellung des ordentlichen Prozesses er-
wachsenen Mehrkosten, wenn der Kläger im Urkundenprozetz zu klagen
in der Lage gewesen wäre.
1.
O.L.G. Dresden, Beschl. vom 23. März 1889. III 0 25/89.
„Kläger hat eine Wechselforderung im ordentlichen Prozesse verfolgt und
die Verurtheilung der Beklagten erlangt. Das L.G. hat, weil es dem Kläger
möglich gewesen wäre, ohne Beeinträchtigung seiner Rechtsverfolgung im Wech-
selprozesse zu klagen, die Prozeßgebühr und die Verhandlungsgebühr des klägerischen
Prozeßbevollmächtigten sowie den (Gerichtskosten-) Gebührenvorschuß nur nach Höhe
von (;/10 für erstattungsfähig erachtet.
Die Entscheidung der vorigen Instanz ist nicht zu billigen, da nach § 555
der C.P.O. ein Anspruch, der sich zur Geltendmachung im Urkundenprozesse eignet,
in dieser Prozeßart verfolgt werden kann, aber nicht verfolgt werden muß. Das
Gesetz giebt mithin dem Kläger die freie Wahl, welcher von beiden Prozeßarten
an sich im gegebenen Falle bedienen will,
vergl. Motive zur C.P.O. bei Hahn, Material, zur C.P.O. S. 390;
Wilmowski und Levy, Komm, zu § 555 Anm. 3.
und stellt damit beide Arten in Hinsicht auf die Zweckmäßigkeit der Rechtsver-
folgung gleich. Hieraus folgt, daß der Kläger auch nicht aus dem Gesichtspunkte,
daß die Gebühren im Urkundenprozesse geringere sind, als im ordentlichen Prozesse
in seinem Wahlrechte beeinträchtigt werden kann. Abgesehen hiervon ist es im
hohem Grade bedenklich, daraus, daß, wie hier geschehen, der Rechtsstreit durch
Versäumnißurtheil beendigt worden ist, zu schließen, Kläger habe bei Anstellung
der Regreßklage voräussehen können, die Beklagten würden keine Einwendungen
bringen, durch welche ein Nachverfahren nothwendig werden würde.

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