Volltext: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 2 (1892))

654 Zur Auslegung der §§ 1534 flg. des B.G.B.'s sowie tzz 366° u. 367" des St.G.B.'s.
mit dem einen Plankenfeld verbundenen mittleren Rüstbocke nach der Straße zu
umgestürzt seien und der Kläger durch diese Plankentheile verletzt worden sei,
nimmt jedoch an, daß der Unfall auf sog. höhere Gewalt — § 126 des B.G.B.'s
— die Wirkung eines plötzlich aufgetretenen heftigen Sturmes, zurückgeführt werden
müsse und die Beklagten aus diesem Grunde für die Folgen des Unfalls nicht
verantwortlich gemacht werden können.
Insbesondere verneint cs auch eine Haftung derselben auf Grund der Be-
stimmungen in den ßß 1554 flg. des B.G.B.'s, indem cs zwar die Vcrplankung
zu den nicht zur Wohnung bestimmten Baulichkeiten im Sinne des 8 1558
rechnet, aber unter Berufung auf
Grützmann, Lehrbuch des Sachs. Privatrechts, Bd. 2 S. 180, Motive
zum Entwürfe eines D. B.G.B.'s, Bd. 2 S. 805,
und unter Verwerfung der von
Unger in Jhering's Jahrbüchern, Bd. 30 S. 230 Note 16,
vertheidigten gegentheiligen Ansicht die Rechtsauffassung vertritt, es habe durch
die Bestimmung in 8 1554 des B.G.B.'s lediglich eine Schuldpräsumtion
zum Nachtheile des Inhabers der Wohnung oder eines Gebäudes aufgestellt werden
sollen, welche durch den Nachweis widerlegt werden könne, daß weder eine Person,
für welche der Inhaber zu haften verpflichtet sei, noch diesen Inhaber selbst eine
Verschuldung treffe.
Ob diese Erwägungen in der letzteren Richtung die Klagabweisung allein
chon rechtfertigen würden, kann fraglich sein. Einestheils ist es nach der Ent-
stehungsgeschichte des 8 1558
— zu bergt. Revisionsprotokoll, Nr. 179 —
wenigstens nicht völlig zweifelsfrei, ob unter den Begriff einer Baulichkeit eine
Verplankung der beschriebenen Art habe fallen sollen oder ob dabei nicht immer
nur an sestumgrenzte Räume gedacht worden sei. Andererseits bietet weder der
Wortlaut des 8 1554, noch die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung einen
sicheren Anhalt dafür, daß damit nur bezweckt worden sei, eine gesetzliche Ver-
muthung in der erwähnten Richtung zu statuiren.
Denn nach der Wortfassung dieses Paragraphen wird der Inhaber der ve-
trefsenden Wohnung vorkommenden Falls an sich, in Uebereinstimmung mit dem
gemeinen Rechte, in welchem sich die actio de dejectis et effusis nicht auf eine
Schuld des Wohnungsinhabers stützt und dieser sich durch den Beweis des Mangels
der eigenen Schuld nicht zu entlasten vermag,
— Dernburg, Pandekten, Bd. II, 8 134 —
unbedingt für schadensersatzpflichtig erklärt und demselben eine Ausnahmestellung
nur für den Fall des Nachweises, daß eine Person, für welche er nicht zu haften
habe, den Schaden verursacht habe, zugestanden, dagegen insbesondere in keiner
Weise angedeutet, daß der Wohnungsinhaber, wenn er sich zur Thäter-

Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.

powered by Goobi viewer