Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 2 (1892))

Vertrag zu Gunsten Dritter. SchenkungsLegriff. Auszug» 631
nachmals, im Jahre 1887, gestorbenen —■ Tochter verheirathet war. Dabei be-
hielt sie sich einen Wohnungs- und Naturalauszug auf Lebenszeit vor, der auf
dem betreffenden Folium in dritter Rubrik eingetragen wurde. Der Wohnungs-
auszüg ist der. Klägerin gewährt worden; den Naturalauszug hat sie bisher nicht
beansprucht, vielmehr sich begnügt, am Tische des Beklagten mit zu essen. Erst
im September 1889 forderte sie von ihm den vollen Auszug, den derselbe ver-
weigerte.
Die Klägerin beantragt: unter Verurtheilung des Beklagten in die Prozeß-
kosten, festzustellen, daß er verpflichtet sei, ihr den Naturalauszug auf ihre Lebens-
zeit — und zwar, wie sie erläuternd bemerkte, vom Zeitpunkte des Urtheils an
— zu gewähren.
Der Beklagte begehrte Abweisung der Klägerin, indem er unter Anderem
ansührte:
a) Nach dem Tode seiner Ehefrau habe die Klägerin ihm und seinen vier
Kindern die Wirthschaft geführt, ihm aber bald zu einer neuen Ehe zugeredet.
Da er sich hierzu nicht habe verstehen wollen/ habe sie es unternommen, ihm eine
Frau zu verschaffen. Sie habe auch seine Wiederverheirathung mit Minna W. in
P., einer Tochter ihres verstorbenen Bruders, herbeigeführt. Sie sei zu dem
Zwecke um Neujahr 1889 zweimal in P. gewesen und habe bei den betreffenden
Verhandlungen, als seine jetzige Ehefrau und deren Mutter, mit Rücksicht auf seine.
Verhältnisse und namentlich wegen des Auszuges, sich abgeneigt gezeigt, wiederholt
erklärt: sie habe den Auszug bisher nicht genommen und werde ihn auch in Zu-
kunft nicht nehmen, es werde schon gehen. Schließlich habe Minna W. der Klä-
gerin das ausdrückliche Versprechen, daß sic keinen Auszug nehme, abgenommen
und hierauf in die Heirath mit ihm gewilligt.
b) Dies habe ihm die Klägerin nach ihrer Rückkehr von P. berichtet und
er habe ihr darauf entgegnet: da sei es gut.
Die Klägerin gab nur zu, daß sie dem Beklagten nach dem Tode ihrer
Tochter die Wirthschaft geführt und ihm zu einer zweiten Ehe zugeredet habe, daß
sie in P. gewesen sei, aber nicht zu dem vom Beklagten behaupteten Zwecke, und
daß Letzterer sich wieder verheirathet habe. Alles Uebrige bestritt sie.
Zu a sind aus Beklagtens Antrag dessen zweite Ehefrau und deren Mutter
als Zeuginnen abgehört und nachträglich vereidet worden.
Die erste Instanz hat die Klage kostenpflichtig abgewiesen.
Bei Begründung des von ihr eingewendeten Rechtsmittels bezeichnete die
Klägerin die Bemerkung der erstinstanzlichen Gründe: sie habe es anscheinend
lästig empflmden, den Haushalt des Beklagten zu führen und für seine mutter-
losen Kinder zu sorgen, als unzutreffend, sie habe sich vielmehr in dieser Stellung
sehr wohl gefühlt und nur einmal zum Beklagten gesagt, er müsse wieder hei-
rathen. Dies sei geschehen, weil sie ihn im Verdacht gehabt habe, daß er es mit
einer Magd halte.

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