56 Forderungspfändung. Grenzen des Prüfungsrechts des BollstrcckungsrichterS.
dem es auf Grund des ihm bekannten Testamentsinhaltes den Schuldner vielmehr
als Erben ansah und darauf hinwies, daß derselbe sich über Antritt des Nach-
lasses noch nicht erklärt habe und somit ein pfändbares Vermögensrecht demselben
noch nicht entstanden sei. Auf hiergegen vom Gläubiger eingewendete sofortige
Beschwerde wurde der Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und dasselbe ange-
wiesen, durch die geltend gemachten Bedenken sich an Erlaß des beantragten Pfän-
dungsbeschlusses nicht behindern zu lassen.
(Aus dm Gründen:)
„Dem Amtsgericht ist zwar darin beizustimmen, daß das Recht auf Erb-
schaftsantretung noch kein Vermögensrecht im Sinne von § 754 der C.P.O.,
sondern lediglich eine höchst persönliche Befugniß auf Erwerb eines solchen in sich
schließt, weil nach § 2250 des B.G.B.'s der zum Erben Berufene die Erbschaft
erst durch deren Antretung erwirbt und sonach erst durch letztere, zu welcher er
wider seinen Willen nicht genöthigt werden kann, Erbe wird. Anders liegt jedoch
der Fall, wenn, wie der Gläubiger hier geltend macht, die dem Schuldner zuge-
wiesenen 3000 Mk. als Vermächtniß anzusehen sind. Dann hat, weil es (§ 2426
des B.G.B.'s) keiner Annahmeerklärung bedarf, der Bedachte vielmehr das Ver-
mächtniß bereits mit dem Tode des Erblassers erwirbt, das Recht des Schuldners
auf die 3000 Mk. bereits die Eigenschaft eines Vermögensrechtes erlangt, so daß
einer Pfändung desselben nichts im Wege steht.
Sonach ist in Frage, ob das Amtsgericht, weil der Schuldner als Erbe,
nicht als Bermächtnißnehmer zu betrachten sei, den Erlaß des Psändungsbeschlusses
ablehnen durste; dies ist' zu verneinen.
Das Gesetz ' macht den Erlaß des Pfändungsbeschlusses nicht davon ab-
hängig, daß das Bestehen der behaupteten Forderung glaubhaft gemacht sei;
vielmehr genügt die einseitige Angabe des Gläubigers, dem Schuldner stehe
eine, sich als eine vermögensrechtliche darstellende, gesetzlich übertragbare For-
derung zu. Ob hiernach das Vollstreckungsgericht überhaupt befugt ist, den Ent-
stehungsgrund der Forderung zu prüfen und insbesondere deshalb, weil nach den
amtlich zu seiner Kenntniß gelangten Thatsachen dem Schuldner die behauptete
Forderung nicht zustehe, den Erlaß des Pfändungsbeschlusses abzulehnen, kann da-
hingestellt bleiben. Denn jedenfalls kann in einem Falle, in welchem es nicht ohne
Weiteres*) feststeht, welche rechtliche Folgerungen aus bestimmten rechtsbegründenden
Thatsachen zu ziehen sind, dem Gläubiger nicht das Recht entzogen werden, eine
*) Anm. des Einsenders: Der Inhalt des auf dem Beschwerdegericht vorliegenden
Testaments ging im wesentlichen dahin: eine größere Anzahl Personen, darunter der Schuld-
ner, sollten bestimmte Summen „erben", bezw. einzelne Sachen bekommen. Nach Eröffnung
des letzten Willens behielten sich der Schuldner und eine gleichfalls in der angegebenen Weise
bedachte Tochter des Erblassers Erklärung über Anerkennung des Testaments vor. In
welchem Verhältnisse die Erbschastsmasse zu den erfolgten Einsetzungen stehe, insbesondere ob
nach Gewährung der ausgesetzten Summen und Sachen noch ein tleberschuß bleibe, ließ sich
zur Zeit nicht erkennen.