Schiedsspruch; Zustellung und Niederlegung bei Gericht. 335
hier darin, daß P. und R. die Ausfertigungen des Schiedsspruchs mit ihrer
Unterschrift versehen an U. zurückschickten. , ,
Denn da sie sich sagen mußten, daß diese Zurücksendung speciell dazu dienen
sollte, um U.n' die Ausführung des von ihm in Aussicht gestellten Unternehmens
— Erledigung der zur Herstellung der formellen Perfektion des Schiedsspruchs
noch nöthigen Schritte — zu ermöglichen, so läßt sich die Unterlassung eines
Widerspruchs gegen dieses Vorhaben, dafern, wie zu geschehen hat, das Verhalten
P.'s und R.'s nach den Grundsätzen über Treu und Glauben bemessen wird,
füglich nicht anders als mit der Absicht erklären, sowohl die Zustellung als auch
die Niederschrift des Schiedsspruchs durch U. allein besorgen zu lassen.
Es entsteht nun aber noch die Frage, ob es überhaupt genüge, wenn nur
Einer der mehreren Schiedsrichter, wiewohl im Aufträge der Anderen, der Zu-
stellung bez. Niederschrift des Schiedsspruchs sich unterziehe, oder ob nicht viel-
mehr eine jede dieser Maaßnahmen von sämmtlichen Schiedsrichtern persönlich ver-
anstaltet werden müsse. Die gegenwärtige Instanz hat diese Frage, allerdings im
Gegensätze zu der Ansicht, welche in der in den Annalen des Oberlandesgerichts
Bd. VIII S. 183 flg. zu lesenden Entscheidung sich ausgesprochen findet, im
Sinne der ersten Alternative beantworten zu müssen geglaubt. Nach der heutigen
Rechtsanschauung — zu vergl. auch § 101 des B.G.B.'s — ist eine Stellvertretung
bei Rechtsgeschäften aller Art, wenn diese nicht ihrer Natur nach eine persönliche
Vornahme erheischen, oder soweit nicht ausdrückliche gesetzliche Bestimmungen eine
Ausnahme vorschreiben, für zulässig zu erachten. Eine gesetzliche Bestimmung,
aus welcher entnommen werden könnte, daß bei den jetzt fraglichen Akten eine
persönliche Betheiligung sämmtlicher Schiedsrichter nothwendig sei, giebt es nicht.
Ebensowenig erscheint aber etwa schon der Natur der Sache nach die Beauftragung
eines einzelnen Schiedsrichters mit der Vornahme dieser Akte unstatthaft. Daß
die Niederlegung des Schriftsatzes auf der Gerichtsschreiberei nicht eine Handlung
sei, welche eine persönliche Mitwirkung aller Schiedsrichter bedinge, hat das Reichs-
gericht in der in Wengler's Archiv Jahrgang 1888 S. 97 flg. abgedruckten Ent-
scheidung des Näheren ausgeführt. Den Gründen, aus denen daselbst eine solche
Mitwirkung nicht für geboten' erachtet worden ist, war beizutreten. Diese Gründe
haben aber im Wesentlichen auch auf den Fall der Zustellung des Schieds-
spruchs, bei welcher es sich um eine eigentliche richterliche Thätigkeit ebenfalls nicht
handelt, Anwendung zu leiden.
Schon auf Grund der vorstehenden Erwägungen war davon auszugehen,
daß die Vorschriften des § 865 der C.P.O. durchgängig in genügender Weise be-
obachtet worden sind. Bei dieser Sachlage hat eS eines Eingehms aus das
neuerliche Anführen des Klägers, Inhalts dessen der Schiedsspruch vom 1. Juni 1890
anderweit und zwar diesmal unter Betheiligung aller drei Schiedsrichter zugestellt
und niedergelegt worden ist, nicht erst bedurft und demzufolge namentlich auch von