Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 2 (1892))

3.2.8. Ausübung des nach Art.355 des B.G.B.'s. dem Käufer bei Verzug des Verkäufers zustehenden Wahlrechts. Auslegung von Erklärungen des Käufers betreffs dieses Rechts.

Ausübung des Wahlrechts nach Art. 355 bc5 H.G.B.'s. 31
ausgeschlossen. Anhaltspunkte für auf die Absicht einer weitergehendcn Beschrän-
kung der Gewährleistungspflicht, deren klare Aussprache gegenüber der Vorschrift
in Art. 335 G.G.B.'s, wie auch in § 813 des sächs. B.G.B.'s, verb. mit Art!.
278 G.G.B.'s in Fällen solcher Art Sache des Verkäufers ist (Seuffert, Arch.
Bd. 35 no: 116 S. 170, vergl. auch Entscheidungen des Reichsoberhandelsgc-
richts Bd. 10 S. 350) liegen nicht vor. Was namentlich die Bemerkung R.jun.
betrifft: „Ausgesucht wird nichts" und die vom Beklagten selbst angeführte
Aeußerung desselben, an den Fellen seien nur wenig Haare und Schnitte, so ließen
sie vielleicht erwarten, daß die Waare nicht durchgängig von gleichmäßiger Be-
schaffenheit sei und einzelne Fehlschnitte daran vorkämen, nicht aber konnte der
Beklagte daraus abnehmen, daß unter den Fellen eine verhältnißmäßig bedeutende
Anzahl schadhafter und sonst fehlerhafter Stücke sich befinde.
Es folgen weitere Ausführungen dahin, daß nach dem glaubhaften Gutachten
eines abgehörten Sachverständigen nicht anzunehmen sei, der Beklagte sei in der
Lage gewesen, sich durch eine Untersuchung, wie sie sofort möglich gewesen, vom
Vorhandensein der hier fraglichen Mängel und ihrer ungefähren Ausbreitung zu
überzeugen.
Ausübung des nach Art. 355 des H.G.B.'s. dein Käufer bei Verzug des
Verkäufers zustehenden Wahlrechts. Auslegung von Erklärungen des
Käufers betreffs dieses Rechts.
O.L.G. Dresden. 0. IV. 115,91. Urtheil vom 20. October 1891.
Der Kläger forderte unter dem Anführen, daß er vom Beklagten 400 Centner
gesuilden, trockenen sächsischen Gelbhafer gekauft, Lieferung des Hafers gegen Zah-
lung des vereinbarten Preises. Der Beklagte schützte n. A. vor, der Kläger habe
in einem Briefe vom 5. März 1891, in welchem er wegen der Lieferung gemahnt
hatte, ausgesprochen, daß er für den Fall der Nichtlieferung Schadenersatz wegen
Nichterfüllung fordern werde. Hierniit habe er sein Wahlrecht ausgeübt. Ueber
diesen Einwand bemerken die Gründe des zweitinstanzlichen Urthcils:
. Allerdings kann der nichtsäumige Kontrahent die in Art. 356 des H.G.B.'s
vorgesehene Anzeige von der Ausübung des ihm nach Art. 354 bezw. Art. 355
des H.G.B.'s zustehenden Wahlrechts mit der Mahnung verbinden, durch welche
er den säumigen Kontrahenten in Verzug setzt.
Zu vergl. Entscheidungen des Reichs-O.H.G. Bd. 23, S. 170 und das
in Goldschmidt's Zeitschrift für das gesammte Handelsrecht, N. F.
Bd. II, S. 566 abgedruckte Erkenntniß des Reichsgerichts.
Daraus folgt aber nicht, daß in jedem mit dieser Mahnung verbundenen
Hinweise auf die eventuell von dem Mahnenden zu ergreifenden Maßregeln eine
bindende und unwiderrufliche Ausübung des gedachten Wahlrechts erblickt werden

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