8.
Abhandlungen
8.1.
Zum Streit über Klagegrund und Klageänderung
:
(Schluß)
Von Reichsgerichtsrath Dr. Petersen in Leipzig
129
Abhandlungen.
Zum Streit über Klagegrund und Klageänderung.
Von Reichsge.richtsrath Or. Petersen in Leipzig.
(Schluß.)
2.
Die Angaben in der Klageschrift und die Zulässigkeit in der
Klageänderung.
Will man sich die Konsequenzen der in dm Motiven aufgestellten Defini-
tion in Ansehung des Inhalts der Klageschrift und der bezüglich desselben zu-
lässigen Aenderungen klar machen, so muß man zunächst die Vorschriften der
§§ 230, 240 und 289 genau in's Auge fassen/ Aus der ersten Bestimmung
ergiebt sich, daß eine ordnungsmäßig erhobene Klage nicht vorliegt, wenn dieser
Vorschrift nicht Genüge geleistet, insbesondere der Grund des erhobenen Anspruches
nicht in einer dem Gesetz entsprechenden Weise angegeben worden ist. Deßhalb
muß, wenn darunter die rechtsbegründenden Thatsachm zu verstehen sind, die
Klage auf Antrag des Beklagten ohne Weiteres abgewiesen werden, wenn es
unterlassen wurde, alle nach dem bürgerlichen Rechte zur Begründung der
Klage erforderlichen Thatsachm schon in der Klageschrift anzugeben. Ebenso darf
dann in diesem Falle ein Versäumnißurtheil aus Antrag des Klägers nicht erlassen
werden, weil das Gericht von Amtswegen zu prüfen hat, ob eine ordnungsmäßige
Klage vorliegt, auf welche sich der Beklagte überhaupt einzulassen braucht. Die
Nachbringung der rechtsbegründenden Thatsachen bei der mündlichen Verhandlung
vermag daran, wie schon oben dargelegt wurde, auch wenn der Vorschrift des
§ 300 Z. 3 genügt worden ist,' nichts zu ändern, da durch sie der Mangel der
Klageschrift nicht beseitigt wird. Nur soweit der erschienene Beklagte auf die
Geltendmachung des vorhandenen Mangels ausdrücklich oder stillschweigend ver-
zichtet, wird dieser geheilt. Wenn ein solcher Verzicht nicht erfolgte, bezw. vom
l. Richter mit Unrecht angenommen wurde, muß noch in der Berufungsinstanz
auf Antrag des Beklagten die Klage abgewiesen werden. Diese Abweisung hat
allerdings nur „angebrachter Maßen" zu erfolgen. DaS R.G. hat zwar mehrfach
(vergl. bes. Entsch. Bd. 6 S. 156 ff.) ausgesprochen, daß die C.P.O. eine der-
artige Abweisung wegen ungenügeuder Substanziirung nicht mehr kenne und
diese Auffassung wird auch von den meisten Schriftstellern getheilt.") Aber
“) Vergl. Seuffert, § 130 Nr. 23 und Struckmann u. Koch ebendas. Nr. 3 nebst
der dort angegebenen Literatur.
Archiv für Bürgerl. Siecht u. Prozeß. II.
9