Einkommensteuer, Nachzahlungen, Fälligkeit. KonkD. § 64 2. 99
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war mit Schreiben vom 29. Januar 1890 dem Nachzahlungspflichtigen am 1. Fe-
bruar 1890 eröffnet worden; der Beschluß der Reklamationskommission ist ihm
am; 20. September 1890 zugestellt. Streit aber war zwischen den Parteien dar-
über, wann, nach diesen Vorgängen die Nachzahlungsforderung als fällig zu gelten
habe. Die Klägerin stützte sich in Begründung des beanspruchten Vorrechts dar-
auf, daß die Fälligkeit mit der Eröffnung des stadträthlichm Beschluffes an G.
eingetreten sei, der Beklagte dagegen wollte die Fälligkeit nach den einzelnen Jahren
bemessen, oder auch sie erst auf den Zeitpunkt der Mittheilung der endgiltigen
Festsetzung des Nachzahlungsbetrags durch die Reklamationskommission gesetzt wissen.
Die erste Instanz nahm an, daß die Nachzahlungsforderung mit der Zu-
stellung der stadträthlichen Beschlusses, oder höchstens mit diesem Beschlüsse selbst,
fällig geworden sei; sie hielt deshalb das Vorrecht für begründet, und stellte ge-
mäß dem Klagbegehren fest, daß auch rücksichtlich des Forderungsrestbetrags von
8662 Mk. 50 Psg. die Klägerin im Range von § 54 unter 2 der K.O. zu be-
friedigen sei.
Die dagegen eingelegte Berufung wurde mit nachstehender Begründung zu-
rückgewiesen.
Außer Zweifel steht, daß die in Frage befangene Forderung ihrem Grunde
nach zu den in § 54 Nr. '2 der K.O. gedachten Forderungen zählt. Das bean-
spruchte Vorrecht hat sie daher insoweit, als sie im letzten Jahre vor der Eröff-
nung des Konkursverfahrens fällig geworden' ist. Lediglich der Zeitpunkt der
Fälligkeit entscheidet, nicht aber kommt es darauf an, 'wann die Forderung ent-
standen ist, wie schon die Vorinstanz unter zutreffender Bezugnahme auf die Mo-
tive der gedachten Gesetzesbestimmung hervorgehoben hat. Fällig ist eine Forderung
sobald ihre Erfüllung verlangt werden kann. Die Einkommensteuer ist nach § 9
des Einkommensteuergesetzes vom 2. Juli 1878 Verb, mit 8 5 der Ausf.B.O.
vom 11. October 1878 zwar in bestimmten Terminen und Raten zu entrichten.
Es setzt dies aber voraus, daß im einzelnen Falle der Steuerbetrag zur Erhebung
gestellt worden ist. Letztere kann erst geschehen, nachdem der Beitragspflichtige
eingeschätzt, und nach Maaßgabe der Schätzung die Veranlagung erfolgt ist (88 11,
14, 42 flg. des Gesetzes). Als veranlagt gilt die Steuer, sobald das Kataster
von der Kommission abgeschlossen, und bei Nachschätzungen, sobald die Bekannt-
machung des Steuersatzes an den Beitragspflichtigen erfolgt ist (8 6 der Ausf.B.O.).
Tritt eine Nachzahlungspflicht ein, so ist der nachzuzahlende Betrag festzusetzen
und dem Verpflichteten abzufordern (8 77 deS Gesetzes und 8 50 der Ausf.V.O.).
Im vorliegenden Falle ist nun erst um Anfang September 1889 zu Tage ge-
treten, daß G. zu niedrig eingeschätzt worden war. Die Erfüllung der hierdurch
begründeten Verbindlichkeit zur Nachzahlung konnte nach dem Vorbemerkten nicht
eher verlangt werden und erfolgen, als bis der nachzuzahlende Betrag festgesetzt
war. Bon selbst ergiebt sich hieraus, daß von einer Fälligkeit des Anspruchs in
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