Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 8 (1898))

Abschnitt 1 bis 6.

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leistung anheischig zu machen, für den Fall, daß er eine Handlung vornehme oder
unterlasse. Das ist ein gewöhnliches bedingtes Versprechen. Z. B. eine Kegel-
gesellschast vereinbart, jeden Sonnabend sei Kegelei; zu kommen brauche zwar nie-
mand, aber wer nicht komme, zahle 1000 Jl Strafe. Oder zwei Buchhandlungen,
die eine in London, die andere in Leipzig, übernehmen den Verlag eines Werkes und
behalten sich vor, sofort mit dem Hauptwerke einen Auszug erscheinen zu lassen;
die Handlung aber, die hiervon Gebrauch machen werde, solle der andern eine
Strafe von 50000 -M zahlen. Auf Unterlassung kann hier nicht geklagt werden,
wohl aber auf die Strafe. Auch eine solche Geldschuld kann übermäßig hoch
gegriffen sein unb deshalb ihre Herabsetzung beantragt werden (§ 343 Abs. 2). —
Eine allgemeine Lehre über den Rücktritt vom Vertrage suchen Sie in
unserem sächs. G.B. vergebens. Einzelne Bestimmungen finden sich beim Kauf
mit Vorbehalt der Reue und mit Vorbehalt eines besseren Gebots (§§ 1107 bis
1117, 1125), andere bei der Aufhebung des Vertrags wegen Sachmängel
(88 911 flg., 918), noch andere begegnen bei dem Vorbehalte der Rechtsverwir-
kung (88 1437 bis 1440) oder bei der Draufgabe (8 897). Das R.G.B. füllt
damit einen Titel von 16 Paragraphen. Seine Vorschriften gellen nicht bloß für
daS vertragsmäßige Rücktrittsrecht, sondern in der Hauptsache auch für das gesetz-
liche. Diesem gesetzlichen Rechte zum Rücktritte sind wir schon mehrfach begegnet.
Es findet statt bei allen Verträgen wegen Unmöglichkeit der Leistung (8 280
Abs. 2, 8 325) und wegen Verzugs (8 286 Abs. 2, 8 326); sodann bei Kauf
und Werkverdingung, wenn von dem Rechte der Wandelung Gebrauch gemacht
wird (88 467, 634 Abs. 4).
Unter das vertragsmäßige Rücktrittsrecht begreift das G.B. fünf verschie-
dene Gruppen:
1. den Rücktritt nach freiem Belieben, Vorbehalt der Reue, pactum dis-
plicentiae;
2. den Vorbehalt besseren Gebots, in diem addictio,
3. das Fixgeschäft, die Vereinbarung einer festbestimmten Zeit (beim gegen-
seitigen Vertrag); davon ist beim Verzug die Rede gewesen;
4. die Vereinbarung eines Reugeldes und
5. den Vorbehalt der Rechtsverwirkung, lex commissoria, und den Vor-
behalt des Verlustes der Rechte für die Zukunft, kassatorische Klausel.
Gestatten Sie, daß ich das Besondere, das in den beiden letzten Fällen gilt,
vorwegnehme.
Wenn der Rücktritt gegen Zahlung eines Reugeldes vereinbart ist, kann
der Berechtigte jetzt bei uns (sächs. G.B. 8 897) zurücktreten, ohne sofort das
Reugeld erlegen zu müssen. Das wird anders. Nach dem neuen Recht (8 359)
muß das Reugeld vorher — vor dem Rücktritt — erlegt sein oder beim Rück-
tritte entrichtet werden, sonst ist der Rücktritt wenigstens dann unwirksam, wenn
ihn der andere Theil aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Ein Ab-

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