Full text: Sächsisches Archiv für bürgerliches Recht und Prozeß (Bd. 8 (1898))

Mittheilungen aus neueren Entscheidungen des Reichsgerichts. 495
in Ziffer 4 und 7 der Bedingungen über die Art der Abführung der Preise und
die Termine derselben betrachtet er als eine schon mit der Garantie des Mindest-
absatzes gegebene Festsetzung eines bloßen Zahlungsregulirungsmodus behufs Ver-
einfachung des Rechnungsverhältnisses und Geschäftsverkehrs, zu welchem die Klä-
gerin sich um so eher habe verstehen können, als sie nur mit solventen Kunden
gearbeitet habe. Bei solcher Auffassung des Abkommens sei nicht anzunehmen,
daß die Klägerin für eigene Rechnung habe kaufen und Weiterverkäufen sollen.
Bon der Revision werden diese Erwägungen mit der Ausführung bekämpft, daß
im Vertrage von einer irgendwie objektiv bestimmten Provision nicht die Rede
sei, daß Klägerin ihren eigenen Angaben in der Klage und'Berufungsbegründung
zufolge die Fabrikate der Beklagten für ihre eigene Rechnung habe übernehmen
und weiter Verkäufen sollen, und daß nach der Auffassung des Berufungsgerichts
die Klägerin dabei sogar im eigenen Namen gehandelt habe. Eines Eingehens
auf die rechtliche Natur des Vertrages gerade nach diesen Richtungen hin — vergl.
die bezüglich ähnlicher Verträge ergangenen Entscheidungen des erkennenden Se-
nats vom 15. Oktober und 5. November 1890, Bolze, Praxis des Reichsgerichts,
Band 11 Nr. 349 und Nr: 351 — bedarf es indessen nicht, weil die von der
Klägerin entgegengeuommene Waarenbestellung der Firma L. & Co.: dem Sinne
des Vertrages nach unter allen Umständen in dem Bereich desselben fällt, dies
aber zur Aufrechterhaltung des angefochtenen Urtheils führt. Sollte man näm-
lich auch, der Wortfassung des Vertrages gemäß, Lieferung der Waare gegen einen
als Entgelt zu gewährenden Preis als bedungen anzusehen haben, so daß die be-
grifflichen Erfordernisse eines Kaufgeschäfts gegeben wären, so würde darin der
Inhalt des Geschäfts doch keineswegs erschöpft sein. Die Besonderheit des Ver-
trages liegt in Folge der in ihm getroffenen Nebenberedungen darin, daß derselbe,
wie er der Beklagten einen möglichst umfangreichen Absatz ihrer Waare in be-
stimmten Gebieten sicherte, so der Klägerin Gelegenheit zur Verwerthung ihrer
Arbeitskraft, ihrer geschäftlichen Kenntnisse und Erfahrungen, sowie ihrer Verbin-
dungen in der Geschäftswelt verschaffte. Klägerin durfte außer den aus der
Fabrik der Beklagten hervorgehenden im Mindestumfang bestimmten Maaren,
solche von gleicher Art nicht verkaufen, und ebenso lag der Beklagten die Pflicht
ob, ihre Fabrikate im Gebiete des Vertrages auf anderem Wege als durch Ver-
mittelung der Klägerin nicht in Verkehr gelangen zu lassen. Für die Beklagte
lag bei solchem Inhalt des Vertrages die Gewähr für die Erreichung eines größt-
möglichen Absatzes schon in dem eigenen Interesse der Klägerin, sollte auch eine
Verbindlichkeit dieser, für die Herbeiführung eines möglichst umfangreichen Absatzes
Sorge zu tragen, dem Vertrage nicht entnommen werden können. Die für die
Klägerin gewollte gewinnbringende Thätigkeit aber bestand in dem Aufsuchen von
Waarenbestellungen, deren Esiektuirung durch den Vertrag gesichert war, und ihr
Verdienst war in dem Mehrerlöse gegeben, den sie über den an Beklagte abzu-
fiihrenden Betrag hinaus zu erreichen vermochte. Der Vertrag aber galt vom

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