Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (4 (1914))

Literatur.

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um die Mitte des 15. Jahrhunderts Erzpriester und geistliche Schöffen
die weltlichen per maiora wählten, hat sie sich über mancherlei Streitig-
keiten hinweg zunächst 1572 das Recht errungen, daß beim Abgang
eines Schöffen das Sendgericht dem Rate zwei Personen vorschlug,
von denen dieser eine wählte, bis 1660 vertragsmäßig festgelegt wurde,
daß künftig der Rat jedesmal drei Personen dem Send zu präsentieren
hätte. Zum Send gehörte ferner ein Gerichtsbote oder Pedell für
die Ladungen, Pfändungen u. a.; er schritt, wenn das Sendgericht sich
versammelte, mit einer Rute in der Hand voran, führte auch ebenso
den neugewählten Schöffen zur St. Foilanskirche. Seit der Zeit, da
auch im Aachener Send das Schriftlichkeitsprinzip zur Anwendung
gebracht wurde (ca. 1500), gab es auch einen Sendschreiber oder
Sekretär. Alle, Schöffen, Pedell und Sekretär hatten dem Sendherrn
einen Eid mit auf die heilige Schrift gelegten Fingern zu leisten; aus
den Strafgefällen bezogen sie bestimmte Anteile. In persönlicher Hinsicht
bezog sich die Kompetenz des Aachener Sendgerichts auf alle in der
Stadt Wohnenden, Bürger und Nichtbürger; Ministerialen, Stifter,
Klöster, Hospitäler waren seit rund dem 12. Jahrhundert wie überall
eximiert und unterstanden lediglich des Bischofs Send, der Diözesan-
synode. Die sachliche Kompetenz umfaßte Verfehlungen rein geistlich-
kirchlichen und solche gemischten Charakters; doch wurde seit dem
14. Jahrhundert „infolge der Erstarkung der weltlichen Strafgewalt
der Kreis der Zuständigkeit des Sends wesentlich eingeengt44. Betreffs
mancher Delikte galt seit dem 15. Jahrhundert das Recht der Prävention
gegenüber dem Rate der Stadt. „Als Verwaltungsbehörde erschien das
Gericht in seiner Sorge um das kirchliche Vermögen, die Kirchengüter
und die Kirchenrechnungen44, auch um das Armenwesen, um Testaments-
sachen und Zehntangelegenheiten. Der Send in Aachen hat seit dem
17. Jahrhundert „auch die Bestrafung von Preßvergehen als zu seinen
Befugnissen gehörend betrachtet, ein Recht, das man ihm seitens der
weltlichen Behörde überließ44. Naturgemäß führte das Bestreben der
Stadt, ihre Kompetenz auszudehnen, zu Streitigkeiten, wie überall
so in Aachen. Frohn schildert auch in Kürze die Handhabung des
Sendgerichts in den Reichsdörfern Laurensberg, Haaren und Würselen
(„Reichssende44), worüber früher schon Groß ausführlich und vorzüglich
geschrieben hatte, und betont dabei, daß alle drei Nachbarsdörfer an
den Send nach Aachen „zu Haupte44 fuhren, d. h. dort ihren Oberhof
hatten, dessen Rat sie in Zweifelsfällen erholten. Eingehend beschreibt
Frohn das Verfahren des Aachener Sends. Jedes Jahr hielt man
zwei Hauptsende (synodi generales) in der St. Foilanskirche als echte
Dinge ab, die am Sonntag zuvor von den Kanzeln verkündigt wurden,
das eine Mal Montag bis Mittwoch nach Judika, das andere Mal am
Donnerstag nach Quasimodogeniti. Seit Mitte des 15. Jahrhunderts,
da die Geschäfte des Sends zugenommen und die Verwaltungstätigkeit
neben der Gerichtstätigkeit stärker hervortrat, waren mindestens zwei
gebotene Dingtage im Monat angeordnet; sie fanden im Pfarrhofe
von St. Foilan bzw. in dem später errichteten Sendgebäude statt.

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