Pseudoisidor und die Le Mans - Hypothese.
33
Bekanntlich sagt Benedikt in seinem Prosavorwort,
er habe die von ihm veröffentlichten capitula 'in diversis
locis et in diversis scedulis’ — 'sparsim', hauptsächlich im
Schrein der Mainzer Domkirche, wo sie von dem Erzbischof
Riculf niedergelegt und von dessen zweitem Nachfolger1)
Autgar aufgefunden worden seien, gefunden — und im
metrischen Vorworte, er habe den vier Büchern der Capi-
tulariensammlung des Ansegis auf Geheiß des Mainzer
Erzbischofs Autcar drei Bücher hinzugefügt.
Hiermit hängt es unfraglich auch zusammen, daß
III. 281 Karl dem Großen auf einem Reichstage zu Worms
von dem Erzbischof Richulf von Mainz ein Brief des Papstes
Gregor überbracht wird (Nam cum Wormatiae generalem
conventum habuissemus, allata est nobis a Rihulfo Mogon-
tiacensi metropolitano epistola beati Gregorii papae), aus
dem die Worte 'De presbitero vero vel quolibet sacerdote
a populo accusato' — 'sicque maneat in proprio gradu’
angeführt werden. Es ist ein Schreiben Gregors II. an Boni-
fatius vom 22. November 726, welches Benedikt aus der
Bonifazischen Briefsammlung (Mon. Germ. Epist. III, 276
nr. 26) kannte.2) Der Abschluß dieser Mainzer Briefsamm-
lung, in welcher sich der Korrespondenz des Bonifatius
Briefe von Lul und Otgar anschließen, ist wahrscheinlich
Otgar zu verdanken.3) Es wäre nicht unmöglich, daß Ald-
*) ab Autgario secundo eius successore (zwischen beiden war
Heistolf Erzbischof von Mainz); ähnlich z. B. in der gefälschten Evin-
dicatio, Gest. Aldr., Charles und Eroger p. 135: sancti Innocentis
episcopi, secundi successoris videlicet sancti Victurii). Lot macht dar-
aus „Autcarius II, archeveque de Mayence“ (Revue historique XCIV, 298).
2) Vgl. Simson, Entstehung 8. 120; nach Rettberg, Kirchen-
gesch. Deutschlands I, 435 N. 7 ergänzt und berichtigt Histor. Zeit-
schr. Bd. 68 (N. F. 32) 8. 210 N. 2; auch Seckel, Realenzyklopädie
a. a. O. 8. 300.
Das falsche Fragment eines Schreibens Gregors an Bonifatius
Ben. Lev. Add. IV. 88 steht auch in dem im 9. oder 10. Jahrh. geschrie-
benen Codex Vatican. Pal. 583, der aus St. Martin in Mainz stammt
und die Capitulariensammlung des Ansegis enthält (Mon. Germ. Epist.
III, 223. 432f. 722; Capp. I, 391. II, p. XXIXf.). Die Quelle scheint
Innocent. I. ad Victoricum Rotomagens, episcopum, 13 (vgl. Hin-
schius, Decretales Pseudo-Is. p. 531) zu sein.
3) Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen F, 265.
Zeitschrift für Rechtsgesehichte. XXXV. Kan. Abt. IV. 3