7.
Die Entwicklung der Basler Kirchenverfassung bis zum Trennungsgesetz (1910)
:
Ein Beitrag zur Geschichte des Staatskirchenrechts
Henrici, Hermann
H. Henrici, Die Entwicklung der Basler Kirchenverfassung. 151
IV.
Die Entwicklung der Basler Kirchenverfassung
bis zum Trennungsgesetz (1910).
Ein Beitrag zur Geschichte des Staatskirchenrechts
von
Herrn Dr. jur. Hermann Henrici
in Basel.1)
Einleitung.
Neben dem großen Kampf zwischen Staat und Kirche,
der Frankreich durchtobt hat, erscheint die Trennungs-
bewegung in Basel wie eine kleine, durchaus unwichtige
Episode. Und doch hat sie, neben jene andere Entwicklung
gestellt, derart Typisches, daß sich eine eingehendere Be-
trachtung wohl rechtfertigen mag.
Vor allem fehlt ihr das Gewaltsame, sagen wir das
Gehässige, das Momentane, das jener eigen ist; sie ist das
Resultat einer Entwicklung, nicht das Ziel eines politischen
Schlagwortes; sie will mit allen ihren Begleiterscheinungen,
auch den für die einzelnen Kirchen unliebsamen, als der
Abschluß einer jahrhundertelang konsequent beibehal-
tenen protestantischen Kirchenverfassung gewertet
werden. Als Ende einer solchen streng einseitigen Ent-
wicklung ist sie vielleicht zugleich der Anfang einer neuen,
staatsgewaltfreien Kirchenverfassung oder einer über oder
neben allen Kirchen stehenden Staatspolitik.
Die Basler Verfassungsänderung, die eine vollkommene
Neugestaltung des Verhältnisses von Staat und Kirche
brachte, will also aus ihrer geschichtlichen Entwicklung
verstanden sein; sie ist nicht mit einem Schlag von einer
übermächtigen Partei den andern aufgezwungen worden,
wie etwa in Frankreich. Nachdem man einmal allgemein
x) Die nachstehende Untersuchung ist aus dem kirchenrechtlichen
Seminar des Herrn Geh. Justizrates Prof. D. Dr. Ulrich Stutz hervor-
gegangen, wo sie am 3. März 1914 vom Verfasser vorgetragen wurde.