10.16.
Friedensburg, W., Geschichte der Universität Wittenberg
Besprochen von K. Rieker
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Literatur.
evangelische Geistliche in der deutschen Vergangenheit. Jena 1905) von
seiten der Kirchenrechtsgeschichte, aber auch zu Darstellungen der Ge-
schichte der protestantischen Kirchenverfassung, die zu ausschließlich
auf das Werden fast nur der territorialen Fürstenkirchen, nicht der
städtischen Kirchen eingegangen sind. Ihr Werden hängt, abgesehen
hier von ihrer spätmittelalterlichen Vorgeschichte, ohne Zweifel mit der
Stellung der Städte im Rahmen des Reiches bzw. der landesherrlichen
Gebiete zusammen, wie denn auch Sch. darauf verweist, warum sie
nicht zur vollen Reife gedeihen konnten. Aus welchem Grunde es, „von
vergeblichen Versuchen und besonders gelagerten Ausnahmen abgesehen,
bis zum 19. Jahrhundert in der lutherischen Kirche keine selbständige,
von der politischen Gemeinde losgelöste Kirchengemeinde im Rechts-
sinne gegeben hat", deutet der Schlußabschnitt an, um gleich den vorauf -
gehenden zu ergebnisreicherem Eifer auf diesem Forschungsgebiete an-
zuregen.
Halle an der Saale. A. Werminghoff.
Walter Friedensburg, Geschichte der Universität Witten-
berg. Halle a/8., Max Niemeyer 1917. XII, 645 8.
Die Geschichte der Universität Wittenberg ist bisher nie als Ganzes
dargestellt worden. Was der Wittenberger Professor der Philosophie
August Großmann 1801 und 1802 in drei Bändchen ,,Annalen der Uni-
versität zu Wittenberg" veröffentlicht hat, reicht einmal nur bis 1733
und sodann ist es nicht das, was wir unter der Geschichte einer Univer-
sität verstehen, insbesondere macht er den Unterrichtsbetrieb und das
wissenschaftliche Leben an der Wittenberger Universität mit ein paar
allgemeinen Bemerkungen und kurzen Notizen ab. So war nach wie
vor eine Geschichte der Universität Wittenberg ein dringendes Bedürfnis.
Den Anlaß zu dem nunmehr vorliegenden Werke hat die hundertste
Wiederkehr des Tages gegeben, an dem die Universität Wittenberg mit
der Universität Halle vereinigt worden, und die Anregung dazu ist von
der Universität Halle ausgegangen, die den bekannten Reformations-
historiker Walter Friedensburg mit der Aufgabe einer Darstellung
der Geschichte der alten Geistesstätte betraut hat. Das vorliegende Werk
zeigt, daß sie keine bessere Kraft dafür hätte gewinnen können: es ent-
spricht allen Anforderungen, die man in formeller und materieller Hin-
sicht an eine Universitätsgeschichte stellen muß. Keine andere deutsche
Universität kann sich einer so gründlichen, ihre ganze Geschichte und
alle Seiten ihres Lebens umfassenden und doch alle Fäden des Zusammen-
hangs straff in der Hand behaltenden Darstellung rühmen wie nunmehr
die Universität Wittenberg. Am nächsten kommt dieser Darstellung die
Geschichte der Universität Erlangen von Theodor Kolde, die aber nur
das Jahrhundert 1810 bis 1910 umfaßt und die vorausgehende Zeit g&nz
kurz behandelt; dagegen reicht die zweibändige Geschichte der Uni-