Full text: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte / Kanonistische Abteilung (9 (1919))

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Miszellen.

Ordnung: Hermas solle zwei Abschriften machen und die eine dem
Klemens zur Beförderung an die auswärtigen Kirchen geben, denn ihm
stehe das zu; die andere solle er einer gewissen Grapte zusenden, damit
sie sie ,den Witwen und Waisen* zu Gemüte führe; er selbst aber solle
das Büchlein den Presbytern, den Vorstehern der Kirche durch Ver-
lesung zur Kenntnis bringen.“ Die Diakonen sind nicht besonders
genannt. Harnack interpretiert sie hinein und zwar bei den Witwen
und Waisen; „die Witwen und Waisen stehen wahrscheinlich, wie so
oft, für den ganzen Kreis der Hülfsbedürftigen“, für „den diakonalen
Kreis“. Man sieht, erst dadurch wird die Stelle für seine Ansicht be-
weiskräftig. Aber ist dies Verfahren zulässig? Ich habe, so geistvoll
die Deutung ist, Bedenken. Gewiß leben auch die Diakonen mehr und
mehr von der Kirche. Doch das gilt ja auch von den übrigen kirch-
lichen Beamten. Und sind sie darum Hülfsbedürftige in demselben
Sinne wie die Witwen und Waisen und nicht vielmehr Diener an den
Hülfsbedürftigen? Auch spricht ja die Quelle gar nicht von solchen,
sondern ganz konkret von Witwen und Waisen. Dazu stimmt, daß
die Übermittelung an sie einer Frau anvertraut wird. Harnack ist
dies Bedenken nicht entgangen; er sucht ihm (S. 962) mit der Be-
merkung zu begegnen, das sei nur ein Beweis dafür, daß wir uns bei
dieser Anweisung noch in einer sehr frühen Zeit befänden. Aber würde
nicht auch in ihr, selbst wenn das: Mulier täceat in ecclesia im
weitesten Sinn noch nicht galt und die Frau noch eine ganz andere
Stellung in der Gemeinde einnahm, für eine solche, an Diakonen,
Witwen und Waisen zugleich gerichtete Mitteilung ein Diakon benützt
worden sein? Ich erkenne in der Stelle drei Gruppen: die auswärtigen
Kirchen, die organisierte Gemeinde und die Armen. Durch die Mit-
teilung an die Presbyter scheinen mir die Diakonen mit bedacht zu
sein, sagt doch Harnack selbst, der Gedanke sei der, daß die Pres-
byter das Büchlein der Gemeinde als solcher zur Kenntnis bringen
sollten. Es liegt meines Erachtens näher, die Diakonen als mit hier
eingeschlossen zu erachten, als sie dem ganz überwiegend weiblichen
dritten Kreis zuzuteilen.
Unter Übergehung der Jahre 130—230 kommt der Verfasser auf
die Zeit Fabians. Einleitend bemerkt er, es verdiene besondere Be-
achtung, daß die kirchliche Fürsorge in Rom ausschließlich auf
die Diakonen auferbaut sei, die ihrerseits (im Unterschied von
den Presbytern. Auch damals noch? St.) ministri des Bischofs in
vollem Sinne waren. Und es sei etwas ganz Eigenartiges (siehe aber
oben 8. 302), habe die Natur ihres Amtes völlig verändern, ihnen eine
hohe Stellung geben und sie faktisch mindestens in einer wichtigen
Hinsicht über die Presbyter erheben müssen, daß ihre Zahl in Rom
dauernd auf 7 gegenüber 40 und 50 Presbytern beschränkt blieb.
Lassen wir die Richtigkeit dieser Beobachtungen dahingestellt und
wenden wir uns dem zweiten Hauptbeleg Harnacks zu. Es ist ein
römischer Brief, der während der um der Verfolgung willen ein Jahr an-
dauernden Sedisvakanz nach dem Märtyrertod Fabians geschrieben

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