Full text: Neues Archiv für preussisches Recht und Verfahren, sowie für deutsches Privatrecht (Jg. 12 (1847))

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erhob. — Ebensowenig wie die Zeugen im Stande
sind, mit Sicherheit eine Thatsache, wie sie hier in Be-
tracht kommt, richtig aufzusassen, ebenso dürften auch viele
Richter' nicht mit den hier nöthigen Kenntnissen bei der
'Seltenheit der vorkommenden Fälle, ausgerüstet sein, um
mit der erforderlichen Umsicht und Schärfe die Vernehmung
der Zeugen bewirken zu können. Nie wird daher die Be-
weisaufnahme und das Gutachten des Arztes in dem hier
'unterstellten Falle ein bestimmtes sicheres Resultat erzielen,
die objektive Wahrheit nie klar auszumitteln sein. Und wenn
dieses nicht, wie soll der Richter, der einen vollständigen
Beweis fordert, auf bloße Möglichkeiten Gewicht legen?
Wo jener sonst unvollständig, kann er ihn zwar durch den
Eid ergänzen lassen, aber dieser kann sich doch nur auf
Thatsachen erstrecken, und hieran fehlt cs hier, rücksichtlich
des Punktes, worauf cs ankommt; denn daß Jemand wahn-
odcr blödsinnig, was der Arzt nur für möglich, wahr-
scheinlich hält, ist keine Tbatsache, worüber ein Eid zulässig,
sondern ein Urtheil.
Man könnte hierauf vielleicht entgegnen: wenn die aus-
gestellte Ansicht richtig, so würde man ar,nehmen müssen,
daß die Vermuthung in-den §§. 24. und 27. Tit. 4.
Thl. I. A. L. R- als eine pncsumlio juris et de jure
was oben bestritten, anzusehen sei, oder daß der Gesetz-
geber etwas Widersinniges hingestellt, eben weil der Be-
weis des Gcgcntheils nicht zu führen. Dem ist jedoch
nicht so. Jene erstere Annahme würde der hier ausge-
sprochenen Ansicht, daß unter den hier gedachten Wahn-
und Blödsinnigen nur solche zu verstehen, welche durch
Erkenntniß dafür erklärt, nicht entgegenstehcn. ES würde,

") I. C. Hoffe.,uer §. 102.

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