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einfach seinen Grund darin, weil es unter allen Umstän-
den eine wirkliche Unredlichkeit ist, eine Sache anzu-
nehmen und zu behalten ohne den Willen, das zu leisten,
dessen Erwartung allein die Hingabe veranlaßt. Diese
Unredlichkeit hat der Gesetzgeber nicht gewollt. Hätte er,
wie von der Hagen a. a. O. Seite 65. sich ausdrückt,
ungeachtet des versagten Zwanges doch die Erfüllung
der mündlichen Verträge gewollt, nun, warum hatte
er denn den Zwang versagt? — Eine moralische Ver-
bindlichkeit in dem unbestimmten Sinne deS tz 178. 1.
16. mag nun immerhin aus dem mündlichen Vertrage
entstehen. Diesem nebelhaften Wesen vermag ich indeß
außer der Beziehung zur condictio indebiti keine
weitere rechtliche Bedeutung zu geben; in unserem Falle
kann es jedenfalls einen unverweilten Eigenthums-Ucbcr-
gang darum nicht vermitteln, weil doch zuverlässig dieser
moralischen Verbindlichkeit eine Forderung, welche man
als Titel vorschieben könnte, nur insofern gegcnübersteht,
als der Empfänger seinerseits den Contract anerkennt.—
Meines Erachtens steht die Sache einfach so: durch den
Abschluß des mündlichen Vertrages entsteht keine juristi-
sche Verbindlichkeit, kein Obligations-Verhältniß; wer
seinerseits rechtsverbindlich anerkennt oder erfüllt, wird
dadurch an das Geschäft gebunden, es beginnt damit
ein negotium, dieses bleibt jedoch claudicans, bis es
durch anderseitige Anerkennung oder Erfüllung zur Per-
fectio» gelangt. Bis dahin bleibt daher auch die recht-
liche Wirkung der Tradition in suspenso. — Welche
Bedeutung diese Ansicht, j. B. für die Bestimmung des
Anfangs der Ersitzung, für die Stellung deS Gebers im