Full text: Neues Archiv für preussisches Recht und Verfahren, sowie für deutsches Privatrecht (Jg. 15 (1852))

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Die französischen Schwurgerichte sind eine Nachbil-
dung der in politischen Sachen cingeführten Trennung der
Gewalten; die Copie paßt schlecht, weil es die Justiz nicht
mit Anffindnng des Zweckmäßigen, sondern mit der Wahr-
heit zu lhnn hat. Das Verfahren in England*) hängt
theilweise niit den dortigen politischen Verhältnissen zu sehr
zusammen, als daß die Vergleichungen schlagend sein könn-
ten, andernthcils wird auch die gerühmte Vortrefflichkeit
vielleicht dort mehr bezweifelt, wie bei uns. Die Strafen
sind beispiellos hoch; der LerhaflungöMuide unzählige;
der Ausnahme-Gerichte giebt cs sehr viele. Bei vielen
politischen Verbrechen und Majeslätsbeleidiginigcn entschei-
den alö Jury entweder die Lords oder die obersten Eoro-
nerö des 'Reiches oder Hofbeamte. Das siscalische und
summarische Verfahren ohne Geschworne erhält eine wach-
sende Ausdehnung. Immerhin zeichnet sich aber das Ver-
fahren mit Geschwornen noch sehr vortheilhaft aus von
dem französischen Verfahren. Tie UntcrsuchungSsachen,
über welche die Jury urteilen soll, erhält sie von der s. g.
Groß-Jury überwiesen, der die vorherige allgemeine Prü-
fung znsteht, und diese Groß-Jurh faßt ihren Verweisung«,
bcschluß ganz selbstständig ab. Ihr ist mithin die volle
innere Verantwortlichkeit übertragen, sie repräsentirt keine
Opposition im Staate. Bei dem Schwurgerichte hat der
Präsident keine' falsche, keine Schein-Stellung, so daß auch
hier die Geschworenen keine Oppositions-Stellung haben.
Der Präsident hat nämlich nicht, wie bei uns, einen großen
Gerichtshof neben sich; er ist mehr der juristische Sprecher;
das Verhör überläßt er dem Staatsanwalt und Defensor,
und bleibt so über den Parteien; sein Resünw ist und soll
ein ausdrückliches Rechtsgutachtcn über die Stärke des

*) Bergt. Blackstones Handbuch des engl. Recht« Band II.

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