Schadensersatz wegen Nichterfüllung bei gegenseit. Verträgen. 117
Erlischt ferner infolge der Unmöglichkeit oder des Verzuges
die Pflicht des Schuldners zur Naturalerfüllung, und hiermit —
nach den Gegnern — auch diejenige des Vertragstreuen Theiles,
so handelt es sich im schließlichen Resultat um eine Beendigung
des gesammten Dertragsverhältnisses. Damit sind aber die
Wirkungen gegeben, welche das B.G.B. an den Rücktritt
knüpft. Zudem soll nun noch der Gläubiger Entschädigung
verlangen können. Und zwar ist dieselbe, ihrem ganzen In-
halte nach, lediglich ein Ersatz „des durch die Aushebung
des Vertrages entstehenden Schadens". So kommt die gegne-
rische Ansicht offenbar auf eine kumulative Verbindung der beiden
Befugnisse hinaus, welche die §§ 325, 326 B.G.B. dem Gläu-
biger nur einzeln gestatten wollen45).
Des Weiteren ist vom Standpunkte der bekämpften Auf-
fassung nicht ersichtlich, welchem praktischen Bedürfniß
der Rücktritt noch dienen soll. Nach der herrschenden Meinung
hat derselbe einen guten Sinn. Er enthält die Erklärung des
Gläubigers, von dem Gegner nichts weiter zu verlangen, und
seinerseits nicht zu erfüllen. Nimmt man dagegen
an, daß eine Verbindlichkeit des Vertragstreuen Theiles nicht
besteht, wenn Schadensersatz verlangt ist, so wird ein ver-
nünftiger Gläubiger niemals den Rücktritt, sondern vorsorglicher
Weise immer Schadensersatz wegen Nichterfüllung wählen.
Ein Risiko ist damit nicht verknüpft. Sein eigener Entgelt
bleibt ihm bei jeder Eventualität gesichert. Und im schlimmsten
Falle stellt sich heraus, daß sein Entschädigungsanspruch gleich
Null ist. Die Rücktrittsbefugniß wäre danach praktisch voll-
kommen überflüssig. Sie ist aber, wie bereits oben angedeutet,
auch logisch nicht recht verständlich, da ja nach der gegnerischen
45) Darauf haben besonders verwiesen Oertmann, VortheilsauS-
gleichung, S. 58; Kisch, Unmöglichkeit, S. »83 Anm. 24; Emerich,
S. 86; Lehmann-Ring, Bd. 2 S. t3i Nr. 58 Anm. i.